PLS-Logo |   BGMR-Gutachten für die CA Immo

khd
    Stand:  21.10.2014   (58. Ed.)  –  File: PLS/Gut/BGMR_Gutachten_2010.html



Diese Seite ist Teil des Bürger-Portals zur Stadt(ver)planung in Lichterfelde-Süd. Giesensdorf – wie Lichterfelde-Süd früher hieß – ist seit jeher das Stiefkind der (Bezirks-) Politiker. Manche von ihnen wissen noch nicht mal, wo „Giesensdorf“ überhaupt liegt — und entscheiden dennoch über gravierende Bauleitplanungen in dieser Gegend. Man schob und schiebt dort gerne etwas hin, was man in den feineren Wohnquartieren des Bezirks nicht so gerne sieht. [Ständig benachteiligt!]

  Lichterfelde-Süd / Giesensdorf
Ständig benachteiligt!
Eine Abrechnung
 
Die Berliner VIVICO Real Estate GmbH, seit 2007/08 Tochter der „CA Immo Anlagen AG“ (Wien), erteilte im Zusammenhang mit der Baurechtbeschaffung für ihr 100-Hektar- Gelände in Lichterfelde-Süd dem Büro „bgmr – Landschaftsarchitekten“ (BGMR) einen Gutachten-Auftrag. Im November 2010 lieferte BGMR eine „Naturschutzfachlich- landschaftsplanerische Untersuchung“ des Planungsgebiets ab [Ed: Link im Okt. 2014 zugefügt].

Auf dieser Seite werden aus dieser bislang unveröffentlichten „Bestandsanalyse“ einige Auszüge dokumentiert und kritisiert. Es wird erwartet, daß die „CA Immo“ — wenn sie denn den Dialog mit den Bürgern wirklich ernst nimmt — das komplette Gutachten mit allen Anhängen, farbigen Karten und Listen als (nicht zu große) PDF-Docs ins Internet stellt. Sämtliche Links, Fettdruck, zentrierte Zwischentitel sowie Abbildungs-Legenden und Kommentierungen in [Ed:...] wurden hier redaktionell hinzugefügt.

Lichterfelde-Süd — Gutachten zur Stadtplanung



Naturschutzfachlich-landschaftsplanerische Untersuchung

VON

BGMR — LANDSCHAFTSARCHITEKTEN

(10779 Berlin)



I n h a l t   d i e s e r   B e s t a n d s a n a l y s e:
  • 0. Einleitung, Aufgabenstellung.
  • 1. Gebietsbeschreibung.
  • 2. Bestandsanalyse Biotopstruktur / Fauna.
  • 2.1 Biotope.
  • 2.2 Fauna.
  • 2.2.1 Avifauna (Brut- und Gastvögel).
  • 2.2.2 Reptilien.
  • 2.2.3 Amphibien.
  • 2.2.4 Heuschrecken und Grillen.
  • 2.2.5 Zufallsfunde.
  • 2.2.6 Fledermäuse.
  • 2.2.7 Faunistische Gesamtbewertung. *
  • 3. Fazit.
  • –  Hinweise für mögliche
    Gebietsentwicklungen
    .



Im Internet ist dieses Dokument (Web-Seite) zu finden unter: http://pruefstein-lichterfelde-sued.de/Ex/BGMR_Gutachten_2010.html







3. Fazit / Zusammenfassende landschaftsökologische Bewertung

      Die Liegenschaft der Vivico in Lichterfelde-Süd stellt sich 2010 in weiten Teilen als strukturreicher Raum mit einer vielfältigen Biotopausstattung und einer artenreichen Tierwelt dar. Eine nähere Gebietsbewertung zeigt nutzungsbedingt teilräumlich differenzierte Ergebnisse.

      Zu trennen ist zunächst der durch gewerbliche Nutzungen geprägte nördliche Teilraum der Liegenschaft von den Freiflächen des ehemaligen Truppenübungsplatzes der Alliierten. Schwerpunktmäßig wurden hier im südlichen Bereich (vgl. Karte 2) die wertgebenden Biotop- und Faunenvorkommen nachgewiesen.

Nur 10 % der Fläche sind geschützte Biotope

      Für das ehemalige Truppenübungsgelände (Parks Range) bedeutsam sind die offenen, von EinzeIgehölzen und Gehölzbeständen durchsetzten, meist trocken-warmen und nährstoffarmen Lebensräume. Darunter befinden sich auch nach § 26a
NatSchGBln besonders geschützte Trockenrasen, Frischwiesen sowie Wald und Vorwald-Flächen. Die gesetzlich geschützten Biotope sind mit einem Anteil von unter 10 % an der Gesamtfläche jedoch nur kleinflächig (6 Teilflächen) vertreten. Ihre Verbreitung hat sich im Vergleich zu älteren Erfassungen nicht wesentlich verändert. Neue Bereiche sind nicht hinzugekommen.

Wald hat sich ausgebreitet

      Auffällig ist im Gebiet im Vergleich zu älteren Untersuchungen, die erhebliche Ausbreitung der gehölzbestimmten Biotope. Flächen, auf denen unmittelbar nach Aufgabe der militärischen Nutzung Ende der 1990er Jahre noch großflächig ruderale Halbtrockenrasen mit lückiger Vegetation verbreitet waren oder die zum Teil noch vegetationsfrei waren, sind jetzt sukzessionsbedingt durch vermehrten Gehölzaufwuchs gekennzeichnet. Etliche Gehölzbestände haben sich inzwischen zu waldartigen Beständen entwickelt. Sie sind gemäß einer vorliegenden Stellungnahme des Landesforstamts bereits als Wald im Sinne des Landeswaldgesetzes einzustufen.

Tendenz zur Nivellierung

      Offenlandvegetation ist auf den Flächen erhalten, die in den letzten Jahren überwiegend extensiv beweidet wurden (Pferdehaltung). So zeichnet sich der ehemalige Truppenübungsplatz auch aktuell noch durch eine Vielfalt an Biotopstrukturen aus, im Vergleich zu älteren Untersuchungen ist allerdings eine Tendenz zur Nivellierung erkennbar.

Fauna des Gebietes

      Der deutliche Rückgang von Flächen mit Pionierstadien der Vegetation und die Zunahme von Waldflächen zeigt sich auch in der Fauna des Gebietes.

Zur Vogelwelt

    Auszug aus der
„Faunistischen Gesamtbewertung“


      Für die Avifauna [Vogelwelt] ergaben sich deutliche Veränderungen für Offenlandarten. Im Jahr 2000 wurden noch verschiedene besonders anspruchvolle Arten als Brutvögel nachgewiesen. Typische Besiedler von weitgehend offenen Rohbodenstandorten waren mit Brachpieper (Anthus campestris), Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe), Haubenlerche (Galerida cristata) und Flussregenpfeifer (Charadrius dubius) vertreten. Diese zählen sowohl in Berlin als auch in Brandenburg aktuell zu den besonders stark gefährdeten Brutvögeln. Günstige Habitatbedingungen fanden die Arten besonders im Bereich der ehemaligen „Geisterstadt“, die großflächig durch Schotterflächen und
Pionierfluren geprägt war, vor. Trotz Offenhaltung und Pflege durch die Pferdebeweidung konnten die Lebensräume dieser Arten nicht dauerhaft in ausreichender Größe erhalten werden.

Kritik an Pferdebeweidung

      Für eine Pferdebeweidung ist das Gebiet strukturell jedoch nur auf weitgehend ebenen Teilflächen geeignet. Die durch ein kleinteiliges Relief gekennzeichneten Bereiche im südlichen und westlichen Teil des ehemaligen Truppenübungsgeländes sind für die
bisher praktizierte Art der Weidenutzung nicht prädestiniert. Durch ein Weidemanagement mit Pferden allein ist der Erhalt oder die Neuschaffung entsprechender Strukturen kaum möglich.

Lebensraum für besonders gefährdete Vogelarten

      Dennoch ist die aktuelle Bedeutung des ehemaligen Truppenübungsgebietes (Parks Range) und insbesondere seines südlichen Teiles für die Avifauna [Vogelwelt] immer noch hoch. Unter den Brutvögeln sind mit der Heidelerche (Lullula arborea), dem Pirol (Oriolus oriolus) und dem Wendehals (Jynx torquilla) gefährdete Arten vertreten. Zudem kommen typische Brutvogelarten strukturreicher halboffener Habitate, wie Baumpieper (Anthus trivialis), Goldammer (Emberiza citrinella), Neuntöter (Lanius collurio) oder Dorngrasmücke (Sylvia communis), in größeren Beständen vor.

Lebensraum für stark gefährdete Reptilien- und Amphibien-Arten

      Als Reptilienart weist die gefährdete Zauneidechse (Lacerta agilis) hier eine große Population auf. Eine besondere Bedeutung hat das Gebiet zudem als Lebensraum für die stark gefährdete Wechselkröte (Bufo viridis), die hier mit einer stabilen Population vorkommt. Unter den Heuschrecken sind in größerer Zahl anspruchsvolle Vertreter trockenwarmer Lebensräume zu finden.

Nordteil „ohne besondere faunistische Bedeutung“!

      Schwerpunktbereiche des Vorkommens der vorgenannten gebietsprägenden Faunenarten sind der südliche Teil des ehemaligen Truppenübungsplatzes mit der Anbindung über den ehemaligen Grenzstreifen nach Brandenburg und das Birkenwäldchen im Norden (vgl. Karte 2). Die intensiver beweideten Flächen am östlichen Gebietsrand sind hier weniger besiedelt. Der derzeit gewerblich genutzte nördliche Teilraum sind ebenfalls ohne besondere faunistische Bedeutung.

Ein Plädoyer für ein LSG „Parks Range“?

      Eine Qualität stellen die Flächengröße sowie die Unzerschnittenheit und Störungsarmut des ehemaligen Truppenübungsgeländes und hier insbesondere der südlichen Teilflächen angrenzend an die Freiflächen im Land Brandenburg dar. Viele Arten, insbesondere unter den Wirbeltieren, sind zum dauerhaften Erhalt von (Teil-)Populationen auf ausreichend dimensionierte Lebensräume angewiesen.

      Neben genügend großen Habitatflächen stellt auch der Lebensraumverbund einen entscheidenden Faktor für das Überleben vieler Arten dar. Aus naturschutzfachlicher Sicht bedeutsam ist daher die Anbindung des Gebietes an den ehemaligen Mauerstreifen sowie an die offene Agrarlandschaft in südöstlicher Richtung. Auch die Verbindung zur Bahnlinie im westlichen Teil kann für Arten trockenwarmer Lebensräume, wie z. B. die Zauneidechse (Lacerta agilis) oder Insektenarten, als Ausbreitungslinie von Bedeutung sein. Gleiches gilt für Fledermäuse, die das UG [Untersuchungsgebiet] als Jagdgebiet und für Transferflüge nutzen.

Berliner Biotopverbund-Zielarten vorhanden

      Die Bedeutung des Bereiches des ehemaligen Truppenübungsplatzes für den Biotopverbund unterstreicht auch die große Zahl an Zielarten des Biotopverbundes in Berlin, die mit Zauneidechse (Lacerta agilis), Knoblauchkröte (Pelobates fuscus), Blauflügeliger Odlandschrecke (Oedipoda caerulescens), Schwalbenschwanz (Papilio machaon) und Sechsfleck-Widderchen (Zygaena filipendulae) vorrangig in den o.g. Schwerpunktbereichen vertreten sind.

Waldbildung verhindern

      Trotz der aktuellen Wertigkeiten der Teilräume im Süden des ehemaligen Truppenübungsplatzes zeigen sich auch für diese Flächen Aufwertungspotenziale. Im Vergleich mit den früheren Faunenvorkommen gilt es die fortschreitende Verbuschung zu stoppen und offene Landschaftsstrukturen zu stärken. Hierzu müsste das [Be]weidedungsmanagement ausdifferenziert werden (neben Pferde- z. B. auch Schafe- oder Ziegen-Haltung) und ggf. durch weitere Pflegernaßnahmen zur Gehölzreduzierung ergänzt werden.



*   Hinweise für mögliche Gebietsentwicklungen

      In Bezug auf mögliche Gebietsentwicklungen bieten die ermittelten teilräumlich unterschiedlichen Wertigkeiten und Potenziale Ansätze für eine zukünftige
Raumnutzung. Bei der zukünftigen Raumnutzung sind im Ergebnis der aktuellen Erfassungen die Belange des Arten- und Biotopschutzes sowie des waldgesetzlichen Schutzes ebenso zu berücksichtigen wie eine Offenhaltung des Landschaftsraumes.

Von Nord nach Süd bebauen!

      Als räumliche Entwicklungsstrategie wird daher eine von Nord nach Süd zonierte Entwicklung
empfohlen. Für eine mögliche Siedlungsentwicklung ist kurzfristig der nördliche derzeit bereits gewerbIich genutzte Teil des Untersuchungsraumes nutzbar. Die landschaftlichen Qualitäten sollten vor allem im Verflechtungsraum mit Brandenburg, d. h. im Süden des UG [Untersuchunggebiets] gesichert und entwickelt werden.

Bauoption offenhalten

      Da davon auszugehen ist, dass sowohl die Umsetzung der städtebaulichen als auch der landschaftlichen Entwicklung nicht ganz kurzfristig erfolgen werden, könnte vorlaufend eine Konzeption entwickelt werden, die der weiteren Verbuschung und Ausweitung der Vorwald- und Waldbestände vorbeugt. Damit können sowohl die naturschutzfachlichen Qualitäten der Offenlandschaft aufrechterhalten, als auch die städtebaulichen Entwicklungsoptionen offen gehalten werden.

Aha: „Grüne Zwischennutzung“

      Für eine grüne Zwischennutzung könnte neben einem differenzierten Beweidungskonzept ergänzt durch weitere Pflegemaßnahmen auch ein Konzept einer urbanen Landwirtschaft eine tragfähige Lösung sein.

      Urbane Landwirtschaft setzt nicht primär auf die Intensivproduktion von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, sondern setzt im stadtnahen Kontext verstärkt auf die Kundennähe der Stadt. Sie bietet lokale Produkte, Service und Dienstleistungen (z. B. Reiten, Verköstigung, Blumen-Selber-Pflücken) an. Damit generiert die stadtnahe Landwirtschaft ein Einkommen und pflegt die Landschaft.









*   Karte 1: Biotoptypen

Platz zum Einkleben des Fotos der BGMR-Karte 1, sobald dieses im Internet steht.
^   Verkleinerte BGMR-Karte 1 vom 17.11.2010 (Original-M: 1:2.500). Gebietsprägende Biotope (ohne Legende). Dunkelgrün = Waldflächen. Gelb = Rohbodenstandorte, Rosa = Ruderalflächen, weitgehend ohne Gehölzaufwuchs. Hellgrün = Ruderale Wiesen, Grünland. Hellgrau = Weiden.   (Repro: 2012 – khd-research)
















*   Karte 2: Geschützte Biotope, Faunenvorkommen

Platz zum Einkleben des Fotos der BGMR-Karte 2, sobald dieses im Internet steht.
^   Verkleinerte BGMR-Karte 2 vom 17.11.2010 (Original-M: 1:2.500). Biotoptypen geschützt nach §26a NatSchGBln + Gebietsprägende Faunenvorkommen (ohne Legende). Die Biotope sind in der Karte mit ihren Code-Bezeichnungen nach KÖSTLER eingetragen. Mit Symbolen ist das Vorkommen einiger Tierarten eingezeichnet. Auffällig ist u. a.: Im Gewerbegebiet am Landweg taucht nur das Symbol „PE“ für den Feldsperling auf, obwohl dort viele andere Brutvögel wohnen. [Karte vergrößern]

Einige weitere ArtenBi + Pa + Ro + We = Potentielle Fledermaus-Quartiere, BLH = Bluthänfling, BP = Baumpieper, DG = Dorngrasmücke, EK = Erdkröte, FE = ???, GI = Girlitz, G = Goldammer, = Grünspecht, H = Heuschrecken, HEL = Heidelerche, KK = Kreuzkröte, MB = Mäusebussard, NT = Neuntöter, P = Pirol, PE = Feldsperling, TF = Teichfrosch, TM = Teichmolch, WH = Wendehals, WK = Wechselkröte, ZE = Zauneidechse.   (Repro: 2012 – khd-research)











Anmerkungen / Gesammeltes Bürgerwissen (Bürgerkritik):
[
Zum Seiten-Anfang]   [Translation-Service]

HINWEIS; Mit einem Klick auf die kleinen roten Dreiecke (Backlinks) hinter der Nummer finden Sie heraus, wo dieser Kritik-Punkt im Gutachten anknüpft — was so nur im Internet möglich ist.
— August 2012 – khd

0) ^  In diesem ‚Obergutachten‘ kommen die nach EU-Recht schon seit 1992 (!) besonders streng geschützten FFH-Arten und die Pflanzenwelt nicht vor — auch die Säugetiere nicht (Ausnahme Fledermäuse). Offensichtlich hatte die „CA Immo“ keinen Auftrag zur Untersuchung der Flora erteilt. Begründet wird das nicht. Festzuhalten ist aber, daß bereits 1982–1984 von Wissenschaftlern allein im Nordteil des heutigen Planungsgebiets (Geltungsbereich des XII-L2, ohne die östlichen Kleingartenkolonien) 562 Pflanzen-Arten bestimmt wurden, wovon rund 25 % zu den geschützten Arten gehören sollen. Warum wurde diese Erkenntnis von den BGMR-Gutachtern ignoriert?

1) ^  Also das ist schon mutig, das „landschaftsökologische“ zu nennen, wo doch gar keine Bestände aus der Pflanzenwelt untersucht worden sind (mal abgesehen von einigen wenigen Baum/Gehölz-Arten). Und wenn man die Flora nicht auch untersucht hat oder hat untersuchen lassen, dann kann man auch keine „landschaftsökologische Bewertung“ abgeben, die wiss. Kriterien standhält — allenfalls kann man damit Politiker ohne Durchblick beeindrucken.

2) ^  Das Wort „Liegenschaft“ ist total veraltet. Es erinnert zudem an diese ‚Teutschen‘, die doch „Vier-Topf-Zerknall-Treibling“ zu einem 4-Zylinder-Motor sagen wollten.

      Durchgrüntes GE am Landweg
^   Am Landweg sah der Bezirk Steglitz im L-Plan XII-L2 1984 – aufgrund sorgfältig untersuchter Natur – ein stark durchgrüntes Gewerbegebiet vor (12), praktisch so, wie es dort heute (2012) aussieht. (13) = „ETÜP“, bis 1982 Übungsplatz. [Satelliten-Foto von 2006]   (Grafik: 2012 – khd-research)
3) ^  Dieses „trennen“ bedeutet ganz offensichtlich auch, daß die Verfasser das nördliche Gewerbegebiet nicht ausreichend auf wertvolle Natur-Bestandteile hin untersucht haben — vor allem nicht den östlichen Teil, der sich längs des Landwegs erstreckt. Wir wissen aber aus den Untersuchungen der 1980er-Jahre (WITT et al.), daß sich hier wg. der günstigen Durchgrünung ein „Vogelparadies“ für Brutvögel entwickelt hat. Und neuere Beobachtungen lassen nur den Schluß zu, daß der Vogelbestand dort stark zugenommen hat. Warum wurde das nicht quantifiziert? Es ist peinlich, daß den Verfassern die Alt-Untersuchungen ([1]–[9]) entgangen sind (zitiert sind sie jedenfalls nicht), denn diese liegen bei der Unteren Naturschutzbehörde im Bezirk (XII-L2!).

4) ^  Einen Hauptteil der Schuld an dieser Situation trägt die Untere Naturschutzbehörde des Berliner Bezirks Steglitz (seit 2001: Steglitz-Zehlendorf). Denn seit dem (‚abgelegten‘) Landschaftsplanverfahren XII-L2 hat dieses Amt nichts Entscheidendes zum Schutz der wertvollen Natur in Lichterfelde-Süd unternommen, obwohl es dazu den gesetzlichen Auftrag hatte und noch immer hat. Zu vermuten ist, daß es massive politische Weisungen gab, um das große HABERENT-Bauprojekt nicht zu gefährden. Vielleicht meldet sich ja noch ein Whistleblower im FORUM und erzählt, was da passierte.

5) ^  Und ‚geländegängige‘ Bergziegen werden wohl kaum in Lichterfelde-Süd zum Einsatz kommen. Dann aber bedeutet doch diese Bemerkung der von der CA bezahlten Verfasser — mal zwischen den Zeilen gelesen: Laßt doch diese ganze Landschaftspflegerei und das Natur-Gedöns, wo doch diese einmalige österreichische Credit-Anstalt (CA Immo) dort für Menschen feine Wohnungen bauen will. ;–)

6) ^  Also dieses „immer noch“ muß natürlich als „leider immer noch“ gelesen werden. Und so verwundert es dann auch nicht, daß einige in Berlin rare Vogelarten wie der — immer wieder in Lichterfelde-Süd von Sachkundigen beobachtete — Brachpieper (Anthus campestris), das Braunkehlchen (Saxicola rubetra) oder sogar der Kiebitz (Vanellus vanellus) in der Zusammenfassung keine Erwähnung finden, um nur einige zu nennen. Vermutlich wollten die Gutachter das Vogel-Habitat nicht zu sehr aufwerten. Übrigens könnte es sich — aufgrund der Zahlenangabe in der BOA-Liste — beim Wendehals (Jynx torquilla) um den einzigen Bestand im Land Berlin handeln.

7) ^  Es fällt deutlich auf, daß das Vorkommen anderer echter Eidechsenarten mit keinem Wort erwähnt wird. So kommt neben der Zauneidechse (Lacerta agilis) auch die Zwergeidechse (Lacerta parva) u. a. im durchgrünten Gewerbegebiet am Landweg vor. Diese Art steht unter besonderem Naturschutz und ist in ihrem Bestand stark gefährdet. Vermutlich ist das einer der wenigen in Berlin noch für diese Art verbliebenen Lebensräume.

8) ^  Im Zusammenhang mit der „Anbindung“ an Brandenburg hätte wohl mitgeteilt werden sollen, daß sich gleich hinter dem früheren Grenzstreifen im Land Brandenburg ein großes Landschaftschutzgebiet (LSG „Diedersdorfer Heide und Großbeerener Graben“) anschließt. Seriös ist das Verschweigen jedenfalls nicht. Das Land Brandenburg hatte bereits in den 1990er-Jahren erkannt, daß eine Zersiedelung dieser wertvollen Landschaft nur durch eine Rechtsverordnung verhindert werden kann (791-8am vom April 1998). Berlin bzw. Steglitz haben das verschlafen, obwohl schon damals ausreichend Fakten bekannt waren, die nahelegten, Lichterfelde-Süd nicht weiter zu zersiedeln. Zu dieser Zeit ‚regierte‘ in Steglitz der Baustadtrat Norbert Kopp (CDU), heute Bürgermeister von Steglitz-Zehlendorf.

9) ^  Das trifft ganz sicher — wie schon unter Kritik 3 und Kritik 7 beschrieben — nicht auf die derzeit gewerblich genutzte Teilfläche im Nordosten des Planungsgebiets (am Landweg) zu. Die Gutachter-Aussage „ohne besondere faunistische Bedeutung“ ist eindeutig falsch! Im Gegenteil: Schon der bloße Augenschein zeigt, hier gibt’s noch echte und seltene Eidechsen und ein großes Brutvogelparadies — ein weiteres faunistisches Highlight in Lichterfelde-Süd. Wie konnte das den Gutachtern entgehen?

10) ^  Wieder weisen die Autoren nicht daraufhin, daß dort seit 1998 in Brandenburg ein großes LSG (siehe: Kritik 8) angrenzt.

11) ^  Es steht Gutachtern immer gut zu Gesicht, wenn sie eine klare und deutliche Empfehlung aussprechen. Das aber geschieht hier nicht (ok, es gibt am Schluß des Fazit-Teils so etwas wie Empfehlungen, aber auch dort wird der Begriff „Landschaftsschutzgebiet“ strikt vermieden). Nur zwischen den Zeilen ist herauslesbar, daß es wohl an der zuständigen Naturschutzbehörde ist, hier die Anordnung eines „ausreichend dimensionierten“ Landschaftsschutzgebietes (LSG) vorzubereiten.

      Braunkehlchen
^   Braunkehlchen (Saxicola rubetra). Gutachter sagten 2010: Ausgestorben! Aber 2012 wurde es im Nordteil wieder gesichtet.   (Foto: xxx – wikipedia)
12) ^  Hat sich erst einmal durch verstärkten Aufwuchs von Gehölzen Wald herangebildet, dann unterliegt dieser dem ausdrücklichen Schutz des Berliner Waldgesetzes (LWaldGBln). Damit würde für den Investor die Chance deutlich sinken, diese Gegend in späteren Jahrzehnten doch noch lukrativ bebauen zu können.

13) ^  Fein, dann gibt es wohl demnächst frischen BIO-Schafskäse vom „Holderhof“. Oder es wird doch noch einmal die gute Idee aus den 1980er-Jahren (TU-Projekt) aufgegriffen, im nordwestlichen Teil des Planungsgebiets einen Kinderbauernhof (mit Freiland-Schafshaltung) für die benachteiligten Kinder der Thermometer-Siedlung einzurichten.

14) ^  Zu den „Belangen“ gehören selbstverständlich auch die Belange der Anwohner, die in den Bereichen festgesetzter Bebauungspläne (5 Rechtsverordnungen mit hohen Wohnverdichtungen: XII-134a, XII-134b, XII-101a, XII-101b und XII-101c) wohnen. Das ist vor allem der Anspruch auf Naherholungsflächen, wie er auch im Landschaftsprogramm des Landes Berlin mit fast 50 Hektar verankert ist. Das kann ja wohl Fach-Landschaftsplanern nicht entgangen sein . . .

15) ^  Ganz sicher nicht vollständig „nutzbar“, wie das schon unter Kritik 9 angemerkt wurde. Zudem muß daran erinnert werden, daß die Eigentümerin nach dem § 1, Absatz 2, Satz 2 BauGB keinen Anpruch auf Aufstellung eines Bebauungsplans hat. Insofern verblüfft sowieso das arrogante Auftreten der „CA Immo“. Und sollte etwa in Geheimverträgen des Grundstücks-Verkauf durch den Bund Gegenteiliges stehen, dann gilt das nicht. Ein solcher Anspruch kann nie und nimmer durch Vertrag (oder mündliche Absprachen) begründet werden — es sei denn, man will das Baugesetzbuch brechen (was aber das Bundesverfassungsgericht korrigieren würde). Dem Bezirksamt sei geraten, unverzüglich im anstehenden Landschaftsplanverfahren auch eine floristische und faunistische Neubewertung des Gewerbegebiets am Landweg (bis zu diesem „ETÜP“-Gelände) durch ausgewiesene Wissenschaftler vornehmen zu lassen — durch keine Landschaftsarchitekten.

16) ^  Die Legenden würden total unleserlich sein.

      Kreuzkröte
^   Kreuzkröte (Bufo calamita), gut zu erkennen am gelben Strich. Sie soll angeblich in Lichterfelde- Süd ausgestorben sein. Aber wer weiß, ob das wirklich stimmt.   (Foto: xxx – wikipedia)
17) ^  Daß im Gewerbegebiet am Landweg überhaupt nur 3-mal der Feldsperling festgestellt worden ist und nicht die vielen anderen Brutvogelarten, sagt eigentlich alles über die Qualität und Zuverlässigkeit dieses Gutachtens. Offensichtlich sind die Gutachter nie im April/Mai im Morgengrauen dort entlanggestreift.

18) ^  Also zumindest das Braunkehlchen fehlt nicht, denn im Juni 2012 gibt es immerhin eine Spontan-Beobachtung dieses schon so selten gewordenen Singvogels.

19) ^  Für diesen nördlichen Teilraum des heutigen Planungsgebiets hatte der Bezirk Steglitz vor allem wg. absehbarer „nachhaltiger Landschaftsveränderungen“ und zur „Verringerung des Defizits an öffentlichen Grünflächen und Kinderspielplätzen“ am 29. November 1983 mit der Aufstellung eines L-Plans begonnen (XII-L2, BVV-Ds. 774). Im Vorfeld des Aufstellungsbeschlusses war durch wiss. Untersuchungen festgestellt worden, daß in diesem Gebiet (Nordteil!) eine „bemerkenswert hohe Artenvielfalt“ in Flora und Fauna existiert. — Und das soll 2010 alles nicht mehr vorhanden gewesen sein, obwohl dort in den letzten 30 Jahren nichts Wesentliches verändert wurde? Wer das Gebiet kennt, weiß genau, daß das nicht stimmt. Die BGMR-Gutachter haben schlichtweg nicht genau genug hingeguckt. Da sich 2012 ein mächtiger Streit um diese Fragen abzeichnet, wird dieses 5-seitige BVV-Papier von 1983 demnächst (mit der vollen amtlichen Begründung) — auch zur Nachhilfe für Politiker — ins Netz gestellt werden [Ed-25.6.2012: das ist nunmehr in PDF erfolgt].


Ein erstes Bürger-Fazit

20) ^  Es ist schon klar, daß dieses ein am Schreibtisch produziertes Parteien- Gutachten ist, das den Weg zur Beschaffung des wertsteigernden Baurechts für 90 % der Fläche in Lichterfelde-Süd ebnen soll. Allein diese Tatsache läßt von vornherein vermuten, daß man hier nicht die ganze Wahrheit über den Status vorhandener Natur erfahren wird, zumal auch noch die ganze wertvolle Pflanzenwelt erst gar nicht in die Betrachtung einbezogen wurde.

      Im höchsten Maße merkwürdig ist auch die enorme Diskrepanz zwischen der Beurteilung des nördlichen Teils des Planungsgebiets durch die BGMR-Gutachter und der auf Gutachten beruhenden Bezirksamts- Begründung von 1983 (näheres siehe unter Kritik 19). Auch die Gutachter- Feststellung, daß nur „unter 10 %“ der Gesamtfläche gesetzlich geschützte Biotope sein sollen, muß ganz entschieden angezweifelt werden.

      Im Prinzip signalisieren die BGMR-Gutachter der Auftraggeberin „CA Immo“, daß sie dort in Lichterfelde-Süd fast überall, vor allem im nördlichen Teil dicht bei der Thermometer-Siedlung, wird bauen können — auch wenn man wohl einige Jahre werde warten müssen, bis B-Planverfahren für den mittleren Teil möglich sein werden. Bis dahin solle die Auftraggeberin dafür sorgen (es werden einige Vorschläge zur Realisierung gemacht), daß diese Teile offengehalten werden, um die Entwicklung von (Vor-)Wald zu vermeiden. Nur im Südteil des „Parks Range“-Bereichs würde es schwierig sein, weil dort — auch wg. bereits vorhandener Waldbestände — staatliche Unterschutzstellungen zu erwarten seien. Dieses wird zwar alles nicht in Klartext ausgedrückt, folgt aber aus der Wahl bestimmter Formulierungen und vorgenommenen Fakten-Gewichtungen.

      Auf dieser Gutachten-Basis kann natürlich kein ordentliches und objektives Planverfahren durchgeführt werden. Statt eines „Masterplans“, wie ihn die „CA Immo“ bis 2013 aufstellen will, muß deshalb dringend ein neutrales „Master“-Gutachten mit wiss. Qualität her, was sinnvoller Weise im Rahmen eines rechtlich geordneten Landschaftsplanverfahrens erfolgen sollte. Außerdem muß der Bezirk endlich in einem L-Plan die Ansprüche der Allgemeinheit (Naherholung, Naturschutz, Landschaftschutz, Landschaftspflege) klar und deutlich formulieren und anmelden. Zudem besteht im Rahmen dieses Verfahrens die Möglichkeit, bestimmte Veränderungsverbote zu erlassen (z. B. fürs gefährdete Gewerbegebiet am Landweg).

      Und alle Beteiligten sollten sich, angesichts der Tatsache, daß hier seit 50 Jahren so furchtbar viel politisch schiefgelaufen ist, immer daran erinnern:


Lichterfelde-Süd wird — in jeder Hinsicht — der Prüfstein für eine bürgernahe Umwelt-Politik sein!




Es wäre ein sehr großer Fehler,
wenn sich Politik dazu tatsächlich hergeben sollte,
mit der in Lichterfelde-Süd seit 1945
(nicht nur seit 1994!)
so prächtig gewachsenen wertvollen Natur
tabula rasa zu machen.



Ansonsten gilt die jeweils aktuelle Edition dieses Docs, wie sie im Internet publiziert ist (Link dorthin siehe vorne/
oben).
[Im FORUM: Hinweis zu den Gutachten-Kosten]




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(Toronto/Houston)





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