HINWEIS; Mit einem Klick auf die kleinen roten Dreiecke (Backlinks) hinter der Nummer finden
Sie heraus, wo dieser Kritik-Punkt im Gutachten anknüpft was so nur im Internet
möglich ist.
August 2012 khd
0)
In diesem ‚Obergutachten‘ kommen die nach EU-Recht schon seit 1992 (!) besonders streng
geschützten
FFH-Arten
und die Pflanzenwelt nicht vor auch die Säugetiere nicht (Ausnahme Fledermäuse).
Offensichtlich hatte die CA Immo keinen Auftrag zur Untersuchung der Flora erteilt.
Begründet wird das nicht.
Festzuhalten ist aber, daß bereits 19821984 von Wissenschaftlern allein im Nordteil des
heutigen Planungsgebiets (Geltungsbereich des
XII-L2, ohne die östlichen Kleingartenkolonien)
562 Pflanzen-Arten
bestimmt wurden, wovon rund 25 % zu den geschützten Arten gehören sollen. Warum wurde
diese Erkenntnis von den BGMR-Gutachtern ignoriert?
1)
Also das ist schon mutig, das landschaftsökologische zu nennen, wo doch gar keine
Bestände aus der
Pflanzenwelt
untersucht worden sind (mal abgesehen von einigen wenigen Baum/Gehölz-Arten). Und wenn man die
Flora nicht auch untersucht hat oder hat untersuchen lassen, dann kann man auch keine
landschaftsökologische Bewertung abgeben, die wiss. Kriterien standhält
allenfalls kann man damit Politiker ohne Durchblick beeindrucken.
2)
Das Wort Liegenschaft ist total veraltet. Es erinnert zudem an diese
‚Teutschen‘, die doch Vier-Topf-Zerknall-Treibling zu einem 4-Zylinder-Motor
sagen wollten.
|
|
|
Am Landweg sah der Bezirk
Steglitz im L-Plan XII-L2 1984
aufgrund sorgfältig untersuchter Natur ein stark durchgrüntes Gewerbegebiet
vor (12), praktisch so, wie es dort heute (2012) aussieht.
(13) = ETÜP, bis 1982 Übungsplatz.
[Satelliten-Foto von 2006]
(Grafik: 2012 khd-research) |
|
3)
Dieses trennen bedeutet ganz offensichtlich auch, daß die Verfasser das
nördliche Gewerbegebiet nicht ausreichend auf wertvolle Natur-Bestandteile hin untersucht haben
vor allem nicht den östlichen Teil, der sich längs des Landwegs erstreckt. Wir
wissen aber aus den Untersuchungen der 1980er-Jahre (WITT et al.), daß sich hier wg. der
günstigen Durchgrünung ein
Vogelparadies für Brutvögel entwickelt
hat. Und neuere Beobachtungen lassen nur den Schluß zu, daß der Vogelbestand dort stark
zugenommen hat. Warum wurde das nicht quantifiziert? Es ist peinlich, daß den Verfassern die
Alt-Untersuchungen ([1][9])
entgangen sind (zitiert sind sie jedenfalls nicht), denn diese liegen bei der Unteren
Naturschutzbehörde im Bezirk (
XII-L2!).
4)
Einen Hauptteil der Schuld an dieser Situation trägt die Untere Naturschutzbehörde des
Berliner Bezirks Steglitz (seit 2001: Steglitz-Zehlendorf). Denn seit dem
(‚abgelegten‘)
Landschaftsplanverfahren XII-L2 hat dieses Amt nichts Entscheidendes zum Schutz
der wertvollen Natur in Lichterfelde-Süd unternommen, obwohl es dazu den gesetzlichen Auftrag
hatte und noch immer hat. Zu vermuten ist, daß es massive politische Weisungen gab, um das
große
HABERENT-Bauprojekt nicht zu gefährden. Vielleicht meldet sich ja noch ein
Whistleblower im
FORUM und erzählt,
was da passierte.
5)
Und ‚geländegängige‘ Bergziegen werden wohl kaum in Lichterfelde-Süd zum
Einsatz kommen. Dann aber bedeutet doch diese Bemerkung der von der CA bezahlten Verfasser
mal zwischen den Zeilen gelesen: Laßt doch diese ganze Landschaftspflegerei und das
Natur-Gedöns, wo doch diese einmalige österreichische Credit-Anstalt (CA Immo) dort
für Menschen feine Wohnungen bauen will. ;)
6)
Also dieses immer noch muß natürlich als leider immer noch
gelesen werden.
Und so verwundert es dann auch nicht, daß einige in Berlin rare Vogelarten wie der
immer wieder in Lichterfelde-Süd von Sachkundigen beobachtete
Brachpieper
(
Anthus campestris), das
Braunkehlchen (
Saxicola rubetra) oder sogar der
Kiebitz (
Vanellus vanellus) in der Zusammenfassung keine Erwähnung finden, um nur
einige zu nennen. Vermutlich wollten die Gutachter das Vogel-Habitat nicht zu sehr aufwerten.
Übrigens könnte es sich aufgrund der Zahlenangabe in der
BOA-Liste beim
Wendehals (
Jynx torquilla) um den einzigen Bestand im Land Berlin handeln.
7)
Es fällt deutlich auf, daß das Vorkommen anderer echter Eidechsenarten mit keinem Wort
erwähnt wird. So kommt neben der
Zauneidechse (
Lacerta agilis) auch die
Zwergeidechse (
Lacerta parva) u. a. im durchgrünten Gewerbegebiet am Landweg
vor. Diese Art steht unter besonderem Naturschutz und ist in ihrem Bestand stark gefährdet.
Vermutlich ist das einer der wenigen in Berlin noch für diese Art verbliebenen
Lebensräume.
8)
Im Zusammenhang mit der Anbindung an Brandenburg hätte wohl mitgeteilt werden
sollen, daß sich gleich hinter dem früheren Grenzstreifen im Land Brandenburg ein
großes Landschaftschutzgebiet (LSG Diedersdorfer Heide und Großbeerener
Graben) anschließt. Seriös ist das Verschweigen jedenfalls nicht. Das Land
Brandenburg hatte bereits in den 1990er-Jahren erkannt, daß eine Zersiedelung dieser
wertvollen Landschaft nur durch eine Rechtsverordnung verhindert werden kann
(
791-8am vom April 1998). Berlin bzw. Steglitz haben das verschlafen, obwohl
schon damals ausreichend Fakten bekannt waren, die nahelegten, Lichterfelde-Süd nicht weiter zu
zersiedeln. Zu dieser Zeit ‚regierte‘ in Steglitz der Baustadtrat Norbert Kopp
(CDU), heute Bürgermeister von Steglitz-Zehlendorf.
9)
Das trifft ganz sicher wie schon unter
Kritik 3 und
Kritik 7 beschrieben nicht auf die derzeit gewerblich
genutzte
Teilfläche im Nordosten des Planungsgebiets
(am Landweg) zu. Die Gutachter-Aussage
ohne besondere faunistische Bedeutung
ist eindeutig falsch! Im Gegenteil: Schon der bloße Augenschein zeigt, hier gibt’s noch
echte und seltene Eidechsen und ein großes Brutvogelparadies ein weiteres faunistisches
Highlight in Lichterfelde-Süd. Wie konnte das den Gutachtern entgehen?
10)
Wieder weisen die Autoren nicht daraufhin, daß dort seit 1998 in Brandenburg ein großes
LSG (siehe:
Kritik 8) angrenzt.
11)
Es steht Gutachtern immer gut zu Gesicht, wenn sie eine klare und deutliche Empfehlung aussprechen.
Das aber geschieht hier nicht (ok, es gibt am Schluß des Fazit-Teils so
etwas wie Empfehlungen, aber auch dort wird der Begriff
Landschaftsschutzgebiet strikt vermieden). Nur zwischen den Zeilen ist herauslesbar,
daß es wohl an der zuständigen Naturschutzbehörde ist, hier die Anordnung eines
ausreichend dimensionierten Landschaftsschutzgebietes (LSG) vorzubereiten.
|
|
|
Braunkehlchen (Saxicola rubetra). Gutachter sagten 2010: Ausgestorben!
Aber 2012 wurde es im Nordteil wieder gesichtet.
(Foto: xxx wikipedia) |
|
12)
Hat sich erst einmal durch verstärkten Aufwuchs von Gehölzen Wald herangebildet, dann
unterliegt dieser dem ausdrücklichen Schutz des Berliner Waldgesetzes (LWaldGBln). Damit
würde für den Investor die Chance deutlich sinken, diese Gegend in späteren
Jahrzehnten doch noch lukrativ bebauen zu können.
13)
Fein, dann gibt es wohl demnächst frischen BIO-Schafskäse vom Holderhof. Oder
es wird doch noch einmal die gute Idee aus den 1980er-Jahren
(
TU-Projekt) aufgegriffen, im
nordwestlichen Teil des Planungsgebiets einen Kinderbauernhof (mit Freiland-Schafshaltung) für
die benachteiligten Kinder der Thermometer-Siedlung einzurichten.
14)
Zu den Belangen gehören selbstverständlich auch die Belange der Anwohner, die
in den Bereichen
festgesetzter Bebauungspläne (5 Rechtsverordnungen mit hohen
Wohnverdichtungen:
XII-134a,
XII-134b,
XII-101a,
XII-101b und
XII-101c)
wohnen. Das ist vor allem der Anspruch auf Naherholungsflächen, wie er auch im
Landschaftsprogramm des Landes Berlin mit fast 50 Hektar verankert ist. Das kann ja wohl
Fach-Landschaftsplanern nicht entgangen sein . . .
15)
Ganz sicher nicht vollständig nutzbar, wie das schon unter
Kritik 9 angemerkt wurde. Zudem muß daran erinnert werden, daß die
Eigentümerin nach dem § 1, Absatz 2, Satz 2 BauGB
keinen Anpruch auf Aufstellung eines
Bebauungsplans hat. Insofern verblüfft sowieso das arrogante Auftreten der CA
Immo. Und sollte etwa in Geheimverträgen des Grundstücks-Verkauf durch den Bund
Gegenteiliges stehen, dann gilt das nicht. Ein solcher Anspruch kann nie und nimmer durch Vertrag
(oder mündliche Absprachen) begründet werden es sei denn, man will das
Baugesetzbuch brechen (was aber das Bundesverfassungsgericht korrigieren würde). Dem
Bezirksamt sei geraten, unverzüglich im
anstehenden Landschaftsplanverfahren auch eine floristische und faunistische
Neubewertung des Gewerbegebiets am Landweg (bis zu diesem ETÜP-Gelände) durch
ausgewiesene Wissenschaftler vornehmen zu lassen durch keine
Landschaftsarchitekten.
16)
Die Legenden würden total unleserlich sein.
|
|
|
Kreuzkröte (Bufo calamita), gut zu erkennen am gelben Strich. Sie soll angeblich in
Lichterfelde- Süd ausgestorben sein. Aber wer weiß, ob das wirklich stimmt.
(Foto: xxx wikipedia) |
|
17)
Daß im Gewerbegebiet am Landweg überhaupt nur 3-mal der Feldsperling festgestellt worden
ist und nicht die vielen anderen Brutvogelarten, sagt eigentlich alles über die Qualität
und Zuverlässigkeit dieses Gutachtens. Offensichtlich sind die Gutachter nie im April/Mai
im Morgengrauen dort entlanggestreift.
18)
Also zumindest das Braunkehlchen fehlt nicht, denn im Juni 2012 gibt es immerhin eine
Spontan-Beobachtung dieses schon so
selten gewordenen Singvogels.
19)
Für diesen nördlichen Teilraum des heutigen Planungsgebiets hatte der Bezirk Steglitz vor
allem wg. absehbarer
nachhaltiger Landschaftsveränderungen und zur
Verringerung des Defizits an öffentlichen Grünflächen und
Kinderspielplätzen am 29. November 1983 mit der Aufstellung eines L-Plans begonnen (
XII-L2, BVV-Ds. 774). Im Vorfeld des
Aufstellungsbeschlusses war durch wiss. Untersuchungen festgestellt worden, daß in diesem
Gebiet (Nordteil!) eine bemerkenswert hohe Artenvielfalt in Flora und Fauna existiert.
Und das soll 2010 alles nicht mehr vorhanden gewesen sein, obwohl dort in den letzten 30
Jahren nichts Wesentliches verändert wurde? Wer das Gebiet kennt, weiß genau, daß
das nicht stimmt. Die BGMR-Gutachter haben schlichtweg nicht genau genug hingeguckt. Da sich 2012
ein mächtiger Streit um diese Fragen abzeichnet, wird dieses
5-seitige BVV-Papier von 1983
demnächst (mit der vollen amtlichen Begründung) auch zur Nachhilfe für
Politiker ins Netz gestellt werden [Ed-25.6.2012: das ist nunmehr in PDF erfolgt].
Ein erstes Bürger-Fazit
20)
Es ist schon klar, daß dieses ein am Schreibtisch produziertes Parteien- Gutachten ist, das
den Weg zur Beschaffung des wertsteigernden Baurechts für 90 % der Fläche in
Lichterfelde-Süd ebnen soll. Allein diese Tatsache läßt von vornherein vermuten,
daß man hier nicht die ganze Wahrheit über den Status vorhandener Natur erfahren wird,
zumal auch noch die ganze wertvolle Pflanzenwelt erst gar nicht in die Betrachtung einbezogen
wurde.
Im höchsten Maße merkwürdig ist auch die enorme Diskrepanz zwischen der
Beurteilung des nördlichen Teils des Planungsgebiets durch die BGMR-Gutachter und der
auf Gutachten beruhenden Bezirksamts- Begründung von 1983 (näheres siehe unter Kritik 19). Auch die Gutachter- Feststellung, daß nur
unter 10 % der Gesamtfläche gesetzlich
geschützte Biotope sein sollen, muß ganz entschieden angezweifelt werden.
Im Prinzip signalisieren die BGMR-Gutachter der Auftraggeberin CA Immo, daß sie
dort in Lichterfelde-Süd fast überall, vor allem im nördlichen Teil dicht bei der
Thermometer-Siedlung, wird bauen können auch wenn man wohl einige Jahre werde warten
müssen, bis B-Planverfahren für den mittleren Teil möglich sein werden. Bis dahin
solle die Auftraggeberin dafür sorgen (es werden einige Vorschläge zur Realisierung
gemacht), daß diese Teile offengehalten werden, um die Entwicklung von (Vor-)Wald zu
vermeiden. Nur im Südteil des Parks Range-Bereichs würde es schwierig sein,
weil dort auch wg. bereits vorhandener Waldbestände staatliche
Unterschutzstellungen zu erwarten seien. Dieses wird zwar alles nicht in Klartext ausgedrückt,
folgt aber aus der Wahl bestimmter Formulierungen und vorgenommenen Fakten-Gewichtungen.
Auf dieser Gutachten-Basis kann natürlich kein ordentliches und objektives Planverfahren
durchgeführt werden. Statt eines Masterplans, wie ihn die CA Immo bis 2013 aufstellen will,
muß deshalb dringend ein neutrales Master-Gutachten mit wiss. Qualität her,
was sinnvoller Weise im Rahmen eines rechtlich geordneten Landschaftsplanverfahrens erfolgen sollte.
Außerdem muß der Bezirk endlich in einem L-Plan die Ansprüche der Allgemeinheit
(Naherholung, Naturschutz, Landschaftschutz, Landschaftspflege) klar und deutlich formulieren und
anmelden. Zudem besteht im Rahmen dieses Verfahrens die Möglichkeit, bestimmte
Veränderungsverbote zu erlassen (z. B. fürs gefährdete Gewerbegebiet am
Landweg).
Und alle Beteiligten sollten sich, angesichts der Tatsache, daß hier seit 50 Jahren so
furchtbar viel politisch schiefgelaufen ist, immer daran erinnern:
Lichterfelde-Süd wird in jeder Hinsicht der Prüfstein für eine
bürgernahe Umwelt-Politik sein!
Es wäre ein sehr großer Fehler,
wenn sich Politik dazu tatsächlich hergeben sollte,
mit der in Lichterfelde-Süd seit 1945
(nicht nur seit 1994!)
so prächtig gewachsenen wertvollen Natur
tabula rasa zu machen.
Ansonsten gilt die jeweils aktuelle Edition dieses Docs, wie sie im Internet publiziert ist
(Link dorthin siehe vorne/oben).
[Im FORUM:
Hinweis zu den Gutachten-Kosten]