PLS-Logo |   Der Fall Sabersky-Restitution – Teil 1

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    Stand:  22.1.2014   (19. Ed.)  –  File: PLS/Themen/Fall_Sabersky-Restitution.html



Diese Seite ist Teil des Bürger-Portals zur Stadt(ver)planung in Lichterfelde-Süd. Giesensdorf – wie Lichterfelde-Süd früher hieß – ist seit jeher das Stiefkind der (Bezirks-) Politiker. Manche von ihnen wissen noch nicht mal, wo „Giesensdorf“ überhaupt liegt — und entscheiden dennoch über gravierende Bauleitplanungen in dieser Gegend. Man schob und schiebt dort gerne etwas hin, was man in den feineren Wohnquartieren des Bezirks nicht so gerne sieht. [Ständig benachteiligt!]

Der größere Teils des Planungsgebiet südlich der heutigen Thermometer-Siedlung gehörte früher zum Gut Seehof (Teltow) und wurde landwirtschaftlich genutzt. Das Land gehörte seit 1872 bis in die 1930er-Jahre der jüdischen Kaufmanns-Familie Sabersky, die es unter dem Druck der Nazis billig an die Reichsbahn verkaufen mußte.

Auf dieser Seite sind einige wesentliche Stationen und Hinweise zum abenteuerlichen Verlauf der Entschädigungsverfahren, wie sie nach der deutschen Wiedervereinigung von den Sabersky-Nachkommen angestrengt werden mußten, dokumentiert. Sämtliche Links und Kommentierungen in [Ed:...] sind hier redaktionell hinzugefügt worden.


Im Internet ist dieses Dokument (Web-Seite) zu finden unter: http://pruefstein-lichterfelde-sued.de/Themen/Fall_Sabersky-Restitution.html


I n h a l t :      
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R E S T I T U T I O N

Der Mann, der die Sabersky-Parzellen verkaufte,
war auch NSDAP-Funktionär

[Ed: Aber beim Verkauf der Sabersky-Felder auf Lichterfelder Gebiet (heutiges Planungsgbiet) an die Reichsbahn gibt es keine Zweifel — der erfolgte unter massivem Druck der Nazis].

Aus: Der Tagesspiegel, Berlin, 1. März 1999, Seite xx (Brandenburg). [Original=72436.htm]

TELTOW (Tsp). Das Wort Jude kommt nicht über die Lippen. Die Leute sprechen lieber von den "Berliner Kaufmannsbrüdern". Auch der Begriff Ausländer ist tabu. "Amerikanische Erbengemeinschaft", heißt es statt dessen umständlich. Zusätzliche Umschreibungen unterbleiben. Die Menschen in Teltow-Seehof an der Grenze zu Berlin-Lichterfelde geben sich wortkarg und tauen erst nach einer ganzen Weile auf. Journalisten gegenüber sind sie besonders skeptisch, nachdem eine Boulevardzeitung eine antijüdische und ausländerfeindliche Stimmung ausgemacht haben wollte. "Völliger Quatsch", sagt Traute Herrmann aus der Max-Sabersky-Allee. Da seien Worte völlig aus dem Zusammenhang gerissen worden.

"In Teltow-Seehof gibt es keine antijüdische Stimmung."

Die "bösen und völlig absurden Unterstellungen" gehen auf die Geschichte des idyllischen Ortsteiles zurück, die ihn zum größten Fall von Rückübertragungsansprüchen in ganz Ostdeutschland machte. Eine aus 18 Personen und Familien bestehende jüdische Erbengemeinschaft aus den USA verlangt die Rückgabe von 850 Parzellen auf 84 Hektar Land. Fast 2000 Menschen sind davon betroffen. Sie können weder Kredite für ihre Häuser aufnehmen, Haus und Hof verkaufen, noch große Veränderungen vornehmen. Erst muß der Rückgabeanspruch endgültig geklärt werden. Doch das kann dauern.

Das Bundesverwaltungsgericht hob erst in der vergangenen Woche 3 Urteile des Verwaltungsgerichtes Potsdam auf, das die Rückgabe abgelehnt hatte. Nun müssen die Richter weiter in der Geschichte zwischen 1933 und 1939 forschen und alle Einzelheiten für eine neues Urteil heranziehen. "Klar ist die ganze Angelegenheit ärgerlich", sagte Traute Herrmann, die eine Bürgerinitiative vertritt. "Wir wollen endlich eine Lösung, ganz sachlich, ohne Emotionen. " So wie Familie Herrmann haben in den letzten Jahren alle Seehofer in alten Dokumenten gekramt, Fotoalben gewälzt, Archive besucht, Quittungen aus uralten Zeiten geglättet und in Geschichtsbüchern die von den Nazis erlassenen Gesetze studiert. Einige haben sogar alte Berliner Tageszeitunngen mit Verkaufsanzeigen aus Teltow-Seehof gefunden. Da ist von Quadratmeterpreisen zwischen 2,75 bis 3,50 Reichsmark die Rede, was durchaus der damals marktüblichen Größe entsprach. Doch ist dieser Preis damals tatsächlich an die Sabersky-Erben gezahlt worden? Der Makler Gloatz, der auch NSDAP-Funktionär war, kann nicht mehr befragt werden. Er starb vor Jahren.

Peter Sonnenthal, ein Enkel der Kaufmannsfamilie, sprach vor dem Bundesverwaltungsgericht von einer "zwangsweisen Veräußerung der Grundstücke während der Naziherrschaft". Es müßten deshalb alle Flächen zurückgegeben werden, sagte Sonnenthal. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zur erneuten Beweisprüfung in zunächst drei Fällen bezeichnete er deshalb als richtungsweisend für noch mehrere hundert anhängige Verfahren.

Als äußerst erfreulich wird von den Gerichtsbeobachtern immer wieder das Verhältnis zwischen den streitenden Parteien bewertet. Hier ist nicht die Spur von Feindseiligkeiten auszumachen, die bei einem Streitwert von rund 500 Millionen Mark durchaus anzunehmen wäre.

Mit dem Kapitel Seehof abgeschlossen hat dagegen Dietrich Klembt. Dessen Vater kaufte im August 1935 ein Grundstück in Seehof. "Um den vielleicht endlosen Gerichtsterminen aus dem Weg zu gehen, bin ich auf das Vergleichsangebot der Saberskys eingegangen und habe mir ihren Verzicht auf Rückgabeanspruch erkauft", erzählt der 68jährige. "So konnte ich das Grundstück weiterveräußern. " Doch viele könnten es sich nicht so leicht machen. So wie seine Eltern seien in den fünfziger Jahren viele Einwohner Seehofs ins nahe West-Berlin geflüchtet. "In die Häuser sind Menschen aus der ganzen DDR gezogen, die in den Industriebetrieben Teltows Arbeit fanden. Sie sitzen jetzt zwischen allen Stühlen. Denn sie müssen sich sowohl mit Rückgabeansprüchen der Saberskys als auch von Erben der Käufer aus den dreißiger Jahren auseinandersetzen", sagt Dieter Klembt. Grundübel sei die Regelung "Rückgabe vor Entschädigung". "Wir wollen nur Gerechtigkeit", sagt Traute Herrmann zur Situation im kleinen Ort. Doch im Moment weiß noch niemand, wie diese einmal aussehen wird.



R E S T I T U T I O N

Freikauf von der Vergangenheit

Das Grundsatzurteil zur Rückgabe jüdischer Grundstücke in Teltow beunruhigt viele Bewohner nicht: Sie haben für ihr Bleiberecht längst bezahlt .

Aus: Der Tagesspiegel, Berlin, 11. Dezember 2003, Seite xx (Brandenburg). [Original=473064.htm]

TELTOW (Tsp). Traute Herrmann schlüpft aus ihrem Häuschen. Es ist schon dunkel, und eigentlich will sie gar nichts mehr sagen zu dieser „bösen Geschichte“. Früher hat sie als Sprecherin der Bürgerinitiative Teltow-Seehof bis hinauf zum „Spiegel“ Interviews gegeben und selbstbewusst die Verfolgung der jüdischen Familie Sabersky unter den Nazis angezweifelt. Jetzt will sie nicht mehr kämpfen. Vor einiger Zeit hat sie sich „losgekauft“ vom Rückübertragungsanspruch, der auf ihrem Grundstück lastete. Nicht weil sie ein Einsehen gehabt hätte, sondern weil sie schwer krank war, sagt sie.

Der jahrelang Streit um ihren Grundbesitz hat die Bewohner des Teltower Ortsteils Seehof zermürbt.

Vor ein paar Tagen hat auch noch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gegen sie entschieden. Die Erben der jüdischen Grundbesitzerfamilie Sabersky, die einst vor den Nazis aus Deutschland geflohen ist, hätten grundsätzlich ein Recht auf Rückübertragung ihres Eigentums, erklärten die Richter. Was „grundsätzlich“ bedeutet, muss nun wiederum vom Verwaltungsgericht Potsdam in jedem Einzelfall beantwortet werden. Die Potsdamer Richter hatten zuvor in mehreren Verfahren den Seehofern Recht gegeben.

Teltow-Seehof ist einer der größten und kompliziertesten Restitutionsfälle in Ostdeutschland. Betroffen sind rund 1500 Siedlerparzellen auf dem Land des ehemaligen Gutshofes Seehof. Dieses Land gehörte den Brüdern Max und Albert Sabersky. Sie begannen in den 30 Jahren mit dem Verkauf an Siedler. Strittig ist, wie stark sie dabei unter den Druck der Nationalsozialisten gerieten. Klar ist bisher nur: Bis zum Krieg wurden rund 1000 Grundstücke verkauft. Ob die Saberskys über den Erlös tatsächlich verfügen konnten, ist allerdings ungewiss.

Um Baurecht zu erhalten, mussten die Saberskys einen Teil des Landes an die Gemeinde abtreten. In der DDR wurde auch dieses Gemeindeland parzelliert und an Siedler weitergereicht. Einige kauften ihre Grundstücke, andere nutzten sie nur. Die Rechtslage ist in jedem Einzelfall anders. Von ursprünglich 1500 strittigen Grundstücksfragen ist rund die Hälfte noch übrig. Die meisten Seehofer haben wie Traute Herrmann eine pauschale Summe gezahlt, um endlich Rechtssicherheit zu haben, also Kredite und Hypotheken aufnehmen zu können. Die Sabersky-Erben hatten ursprünglich 5 Mark pro Quadratmeter als symbolisches Entgelt angeboten. Dieser Freundschaftspreis ist inzwischen auf rund 7 Euro angestiegen.

Reden will in Seehof kaum jemand. Viel böses Blut ist geflossen. „Wer nicht zahlt, gilt doch schon als Antisemit“, sagt Traute Herrmann. Die Sache sei politisiert worden.

Elfriede Jenk (Name geändert) hat im vergangenen Jahr gezahlt. „Wir haben das Haus vor 30 Jahren selbst gebaut und unser ganzes Geld reingesteckt.“ Als sie ihre Parzelle in der Wendezeit kauften, wurde ihnen der wegen des Rückübertragungspruches der Grundbucheintrag verwehrt. Mit den Jahren habe sie die Situation „ganz krank“ gemacht, also bezahlten sie schweren Herzens 5000 Euro an die jüdischen Erben. „Lösegeld“, wie Frau Jenk sagt.

Lars Spallek wohnt seit acht Jahren in einem heruntergekommenen Haus aus den 30er Jahren, das bisher der Stadt gehörte. 300 Euro kalt zahlt er für 80 Quadratmeter Wohnraum und 3000 Quadratmeter Garten. „Ein Paradies“, sagt er, wenn auch ein baufälliges. Gern würde er seine Schwiegereltern ins leer stehende Erdgeschoss holen, aber solange die Eigentumsverhältnisse ungeklärt sind, wird am Haus nichts gemacht. Von den juristischen Scharmützeln um die jüdischen Erben bekommt er kaum etwas mit.

Die Max-Sabersky-Allee ist wegen der vielen unterschiedlichen Rechtssituationen ein architektonisches Panoptikum. Wo Land rückübertragen wurde, stehen luxuriöse Mehrfamilienhäuser mit Tiefgarage, frisch renovierte Herrenhäuser oder Traumhäuser mit Ziergarten wie aus der ARD-Glücksspirale, gesichert per Videoüberwachung. Daneben Eigenbau-Datschen, Billig-Bungalows oder blätternde Altbau-Fassaden samt umwucherten Bretterbuden. Hier stehen die Türen meist offen. Es gibt keine Klingeln, aber noch ein paar versprengte Mieter.

Schließlich findet sich doch noch eine tapfere Hausbesitzerin, die bisher kein Geld gezahlt hat. „Es garantiert uns ja keiner, dass die Geschichte damit aus der Welt ist“, sagt Ernie Junker. Ihr Mann hat das Grundstück in der DDR gekauft, einen sauberen Grundbucheintrag dafür bekommen und überhaupt viel Geduld. „Wir warten mal ab. Wir fühlen uns auf der sicheren Seite. Nach uns die Sintflut.“



Letztes Kapitel im Seehof-Streit?

Morgen wird ein neues Vergleichsangebot verhandelt, das Rechtssicherheit in 553 Fällen verspricht.

Aus:
Potsdamer Neueste Nachrichten (PNN), 31. März 2005, Seite xx (Potsdam-Mittelmark). [Original=86784.htm]

TELTOW (pnn). Nach fast anderthalb Jahrzehnten Rechtsstreit um die Rückgabe früheren jüdischen Eigentums in Teltow-Seehof könnte morgen das Kapitel eines der größten ostdeutschen Restitutionsverfahren zu Ende gehen.

Das Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen (BARoV), das seit 2003 als Beklagte für die Sabersky-Fälle zuständig ist und dafür ein eigenes Referat eingerichtet hat, schlägt einen Vergleich vor, der alle noch anhängigen gerichtlichen Verfahren aus dem Seehof-Komplex regeln würde. Der Vergleich bezieht sich auf 553 Grundstücke in Teltow-Seehof, die sich in zwei Kategorien teilen: Bei 108 wird davon ausgegangen, dass sie von ihren heutigen Eigentümern oder Nutzern – bzw. deren Rechtsvorgängern – redlich erworben worden sind.

Hier erkennt das BARoV an, dass die Ansprüche der Sabersky-Erbengemeinschaft in Teltow-Seehof berechtigt sind. Dafür wird den Erben eine globale Entschädigung von 2 Millionen Euro aus dem bundesdeutschen Entschädigungsfonds gezahlt. Im Gegenzug würden, so der Vorschlag, die Sabersky-Erben für die 108 Grundstücke ihre Ansprüche und Klagen zurückziehen. Beide Seiten – BARoV wie auch die Erben – würden in dem Vergleich ein für allemal anerkennen, dass aufgrund des redlichen Erwerbs eine Rückübertragung der Grundstücke ausgeschlossen ist und die Sabersky-Nachfahren ausschließlich Anspruch auf Entschädigung haben, die der Bund zu zahlen hat.

Die zweite Kategorie bilden die restlichen gut 450 Fälle. Auch für diese, in denen der Restitutionsanspruch der jüdischen Erben berechtigt ist, wie es ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Ende 2003 anerkannt hat, sieht der Vergleichsvorschlag eine Lösung vor. Demnach sollen sich die Erben verpflichten, sich mit den heutigen Grundstücksnutzern einvernehmlich und sozialverträglich zu einigen. Gegen „Zahlung eines angemessenen Anteils des heutigen Bodenrichtwertes“ durch die heutigen Eigentümer sollen die Erben ihre Klagen zurücknehmen. Als Frist dafür ist der Ablauf dieses Jahres vorgesehen.

In Fällen, die für die es bis dahin keine Übereinkunft gibt, wird das BARoV dann eine Entscheidung treffen. Für alle 553 Fälle gilt: Für die in den Jahren angefallen Anwaltskosten schlägt die Bundesbehörde eine Erstattung in Höhe von 6 Millionen Euro vor. Käme der Vergleich zustande, würde für die Seehofer im Falle jedes einzelnen Grundstücks endlich Rechtssicherheit gegeben sein.

Bereits im vergangenen November wurde ein Vergleich geschlossen für 80 Fälle der sogenannten ersten Verkaufsperiode, in der die Saberskys unter dem Druck der Nationalsozialisten ihren Besitz in Seehof veräußerten. Mit dem jetzigen Vergleichsvorschlag würden die Fälle der zweiten und dritten Verkaufsperiode zu den Akten gelegt werden. Nach Jahren der Unsicherheit würde Rechtsfrieden in die Teltower Siedlung ziehen. Dort waren ursprünglich mehr als 1000 Grundstücke von Restitutionsansprüchen betroffen.

Nach PNN-Informationen soll der Vergleichsvorschlag morgen zwischen den Anwälten der Erbengemeinschaft und dem Potsdamer Verwaltungsgericht erörtert werden. Das Gericht begrüßt dem Vernehmen nach den BARoV-Entwurf: Die Entschädigungszahlungen würden zügig erfolgen, die zähe und langwierige Prozedur, alle Einzelfälle durch gerichtliche Einzelurteile zu entscheiden, würde entfallen.

Auf Seiten der Erbengemeinschaft ist man sich uneins. Die vier Anwälte der Sabersky-Familie stehen dem Vergleichsangebot angeblich aufgeschlossen gegenüber. Die Anwälte von Peter und Valerie Sonnenthal, die auf die Hälfte des ehemaligen Eigentums ihrer Familie in Teltow-Seehof Ansprüche erheben, lehnen den Vergleich in der vorliegenden Form ab. Stattdessen soll es ein eigenes Angebot geben, das aber dem Vernehmen nach einen Vergleich in deutlich weniger Fällen vorsieht als im Vorschlag des BARoV. Nach PNN-Informationen kritisieren die Sonnenthal-Anwälte, dass sie an dem im vergangenen November geschlossenen Vergleich nicht beteiligt worden seien. Sie wären daher nicht in der Lage, auf der Basis dieser Einigung einem weiteren Vergleich zuzustimmen. Dagegen sieht des BARoV, so heißt es, keinen Grund, weshalb die Prüfung seines Vorschlags nicht möglich sein sollte.



Sabersky-Streit: Ende nicht in Sicht

Vergleich der jüdischen Erben mit der Stadt Teltow kam nicht zustande / Urteil wird im August erwartet.

Aus:
Potsdamer Neueste Nachrichten (PNN), 5. Mai 2012, Seite 18 (Potsdam-Mittelmark). [Original=645427.htm]

TELTOW (pnn). Der seit Jahren andauernden Streit um die Rückübertragung jüdischen Eigentums in Teltow-Seehof kann immer noch nicht abgeschlossen werden. Beim jüngsten Verhandlungstermin im Potsdamer Verwaltungsgericht wurde deutlich, dass sich die Sabersky-Erben nicht mit der Stadt Teltow auf einen Vergleich einigen konnten. Den hatte das Gericht zuletzt angestrebt. Jetzt wird im August ein Urteil erwartet. Die Richter haben bereits durchblicken lassen, dass nicht nur eine Prozesspartei gewinnen wird.

Saberskys hatten das 84 Hektar große Gut Seehof 1870/71 erworben. Nach dem Machtantritt der Nazis verkauften sie den 84 Hektar großen Grundbesitz bis 1939. Im Rechtsstreit geht es um die Frage, ob das zwangsweise geschah, weil die Saberskys Juden waren. Daraus ist eines der größten ostdeutschen Restitutionsverfahren entstanden, über das bis zum Bundesverwaltungsgericht verhandelt wurde.

Einzelne der 1000 Grundstücke wurden an die Erben zurückgegeben, viele der heutigen Eigentümer haben sich außergerichtlich geeinigt. Gestritten wird noch über eine 4 Hektar Grün- und Waldfläche im Besitz der Stadt Teltow. Deren Wert wird auf einen zweistelligen Millionenbetrag geschätzt. Die Stadt will die Fläche als Grünland erhalten, die Erben wollen sie teilweise bebauen.

Der Vertrag war 1934 zustande gekommen, als sich Max und Albert Sabersky entschlossen, die Ackerflächen des Guts zu parzellieren. Um Baurecht für die neue Siedlung zu erhalten, waren 25 Prozent der Fläche für öffentliche Zwecke an die Stadt abzutreten, aus Sicht der Stadt ein damals übliches Prozedere.

Das Potsdamer Verwaltungsgericht war der Argumentation gefolgt, doch das Bundesverwaltungsgericht stellte im Frühjahr 2011 fest, dass die Erben kein Gehör erhalten hatten, als sie ein Gutachten als Beweis für einen Zwangsverkauf vorlegen wollte. Sechs Urteile wurden zur erneuten Entscheidung zurück nach Potsdam verwiesen.

Beim jüngsten Verhandlungstermin ging es darum, ob die ausgehandelten Verträge verfolgungsneutral waren und üblichen Bedingungen entsprachen. Eines der Grundstücke wurde erst 1937 abgetreten. Anwalt Konstantin Bajohr von der Kanzlei Unger, die die Erbengemeinschaft Valerie und Peter Sonnental vertritt, sagte den PNN: „Die Stadt Teltow beharrt darauf, dass Teltower Juden vor 1935 nicht verfolgt wurden, weil man mit Sozialdemokraten und Kommunisten zu sehr beschäftigt gewesen sei.“ Die Haltung finde er bedauerlich, auch weil die Stadt noch nach Erkenntnissen des Teltower Stolpersteinprojektes daran festhält.

In einer Ausstellung zur Stolpersteinverlegung waren braune Flecken der Stadtgeschichte sichtbar geworden, darunter auch behördliche Schikanen gegen jüdische Einwohner. Es wurde deutlich, dass die Nazis schon früh Druck ausübten.

Auch wenn ein Großteil des Restitutionsverfahrens abgeschlossen ist, bleibt Anwalt Bajohr skeptisch, ob der Gesamtkomplex „Teltow-Seehof“ im Herbst abgeschlossen wird. Das Verwaltungsgericht hatte vor drei Jahren an die Stadt appelliert, „ein starkes Signal zu geben und auf die Klage zu verzichten“, um Unrecht wiedergutzumachen. Richter Wilfried Hamm riet Teltows Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD), zugleich planungsrechtliche Instrumente zu nutzen, um eine Bebauung des Waldes zu verhindern.

Bislang ist das noch nicht passiert. Auf PNN-Nachfrage sagte Schmidt: „Ich halte einen Bebauungsplan für ein geeignetes Instrument, doch darüber müssten die Stadtverordneten entscheiden.“ Die hätten die Diskussion noch nicht aufgenommen, die Planungskosten seien aber reserviert. Dem Vorwurf, die Stadt ignoriere Erkenntnisse des Stolpersteinprojektes, widersprach er: „Unbestritten ist, dass jüdische Mitbürger unter der NS-Zeit gelitten haben. Aber uns geht es um eine juristische Bewertung des Vertrages.“



J U S T I C E   D E L A Y E D

Jewish Family in Restitution Standoff
with German City of Teltow

A Jewish Family's Fight to Reclaim Its Land.

Aus:
Spiegel Online – 20. Dezember 2013, 16.00 Uhr MEZ (English Site) by STEFFEN WINTER. Translated from the German article "Die Schande von Teltow". [Original]

A German-American lawyer and his family have been fighting for over two decades to reclaim lucrative properties lost under the Nazi regime. But he continues to face legal hurdles in trying to restore their legacy.

Peter Sonnenthal has plenty of experience hunting down the cheats, crooks and cronies who gamble with marked cards at the world's largest casino: Wall Street. During the 1980s, Sonnenthal worked as a lawyer for the US Securities and Exchange Commission (SEC). He was feared and loathed by fraudsters who swindled millions of dollars — and ended up catching most of them.

But some opponents can bring even a hard-nosed American prosecutor to his knees — not on the Hudson River in New York, but along the Teltow Canal in the German state of Brandenburg, just outside Berlin. For the past 22 years, Sonnenthal and his relatives have been fighting in German courts for the restitution of property that belonged to their Jewish ancestors. At stake are 84 hectares (250 acres) of prime real estate in the upscale Berlin suburb of Teltow, roughly 1,000 properties in all, worth millions of euros.

Decades of Litigation

The dispute is likely to occupy a prominent place in Germany's legal annals. It all began in 1991, and the row has since made its way through a maze of German courts, starting with the local and state offices for unresolved property issues. From there, the case was brought before the Brandenburg Higher State Administrative Court, was deliberated five times before the German Federal Administrative Court, then dealt with by the German Finance Ministry, and has been appealed to the German Federal Constitutional Court, Germany's highest judicial body. Despite minor victories, Sonnenthal has repeatedly run into obstacles over two decades of litigation.

When his ordeal began, Sonnenthal was 37 years old and living in Denver, Colorado. Now he's 59 and has moved to Berlin, where he occasionally holds a one-man protest at Berlin's central Brandenburg Gate, waving a sign in his hand that reads, "Justice delayed — is justice denied!"

The battle over the properties in Teltow has pushed Sonnenthal to his limit. "Historical facts are being denied, the law is being abused, and the Nazis of Teltow are being vindicated after the fact," he says. According to Sonnenthal, everything has to be contested in court and absolutely no concessions are made. "This is offensive to the family," he says. "Our property was stolen, and now we have to justify ourselves."

A Prominent Family

Sonnenthal's story and his family's legacy date back to shortly after the establishment of the German Empire. In 1872, Berlin businessman Max Sabersky and his brother, Albert, Sonnenthal's great-grandfather, purchased an estate on Teltower Lake called Gut Seehof. The family developed part of the land as summer residences for artists, scientists and entrepreneurs.

Max Sabersky was a co-founder of the Aktiengesellschaft Dampfstrassenbahn, a company that launched a project in 1888 to connect by streetcar the villas of the Seehof estate with the train station at Gross-Lichterfelde in modern-day central Berlin. Sabersky also built a lakefront promenade, a spa and a swimming pool on the Seehof property. In later years, the lake was filled in during the construction of the Teltow Canal, which boosted the economy on the outskirts of Berlin. The family ultimately ended up establishing an up-and-coming Berlin suburb on the estate's farmland.

By 1933, this large Jewish family had become part of Berlin high society. For instance, German industrialist Paul Mamroth, co-founder and CEO of electrical giant AEG in Berlin, married one of Max Sabersky's daughters. Mamroth was a member of the supervisory boards of German airline Deutsche Luft Hansa AG and light bulb manufacturer Osram.

After the Nazis seized power, the family members were no longer allowed to work in their respective professions. A so-called "Aryanizer" was commissioned in October 1933 to subdivide the estate and sell off the individual properties. The family had to hand over roughly one-third of their holdings to the town of Teltow, without any compensation. In 1934, the town's mayor, who was also the local NSDAP official, or Ortsgruppenleiter, had the Max-Sabersky-Allee boulevard renamed after Wilhelm Kube, a Nazi who that same year made an infamous remark about Jews: "The carrier of the plague has to be stamped out."

Most members of the Sabersky family fled the Holocaust and took refuge abroad. Only one son hid in Berlin and, with astonishing luck, managed to survive Hitler's rule.

The Restitution Battle Begins

After the war, the heirs had a new problem: The family's properties were located in the new Soviet-occupied zone. The Teltow Canal now separated the former Sabersky estate in the East German region of Brandenburg from the West Berlin district of Lichterfelde. The descendents had no chance of reclaiming their property — until the Berlin Wall fell in Nov. 1989.

Amid the joy of German unification, a legal battle erupted over whether the Jewish family had voluntarily sold their property for a fair price under Hitler's regime, or whether they had been persecuted by the Nazis and had acted under duress. Initial requests for restitution failed: In 1996, all of Sonnenthal's claims were rejected. The authorities responsible for unresolved property issues were not convinced that the Saberskys had sold the properties under pressure from the Nazis. That same year, the case went to the Potsdam Administrative Court, where legal proceedings continue to this day.

For the past 16 years, presiding judge Wilfried Hamm and associate judge Peter Pfennig have been dealing with the case. Sonnenthal feels downright persecuted by them. "From the very first day, they have decided against us," he says. In a seemingly eternal legal standoff, Hamm and Pfennig have consistently rejected every claim and motion to appeal. Meanwhile, the heirs have taken their case to the Federal Administrative Court, which has referred part of the legal dispute back to Potsdam — to Hamm and Pfennig.

However, there were two apparent game changers that, at least for a moment, appeared to bring the endless dispute to a close. In 2003, the Federal Administrative Court declared in its "
Teltow-Seehof III" decision that it had "no doubt" that the Jewish family had sold under pressure from the Nazis. Morevoer, in 2005, the German federal government agreed to a settlement with the heirs concerning all of the properties.

'Historic Responsibility'

Then the town of Teltow got involved. Since 2006, it has been challenging the negotiated restitution and the actions of the federal government. The local government seems to doubt the historic persecution of its Jewish population. A lawyer for the town has argued that Paul Mamroth resigned from his business and leadership positions in the Nazi era due to old age, and "not because of Nazi oppression." Nevertheless, a commemorative plaque in the Teltow cemetery recognizes him as the AEG CEO, an honorary senator of the Technical University of Berlin, and a man who was "persecuted by the Nazi regime."

The town's lawyer also presented documents from the city archives that she says prove that the Jews in Teltow were hardly threatened at all during the early years of National Socialism, because the Nazis were initially "busy eliminating Social Democrats and communists," as she put it.

The case is a relentless clash of opinions over historical facts, legends and interpretations. In the Teltow tourist information center there is a book by two historians with the title: "They Were Our Neighbors: Jewish Life in Teltow until 1945." It documents the Saberskys' life after 1933: "The Reich Hereditary Farm Law of Sept. 29, 1933 prohibited Jews from pursuing agricultural activities," the authors write. "Since this law seriously jeopardized the family's income, they had no choice but to sell their property to finance their emigration."

Still, the town believes that the Saberskys intended to sell their properties out of economic interest as far back as 1927. Experts from the Center for Research on Anti-Semitism at Berlin's Technical University, however, have assured the heirs that the family "sold their property due to the Nazis' policies of systematic and collective exclusion of Jewish citizens."

Political Agenda?

Robert Unger is an experienced defense lawyer in Berlin, and his law office has been representing Sonnenthal for years. He says that he has never experienced a case like this. "The town of Teltow's claim that — after 60 years of living and developing their land in Teltow — the Saberskys voluntarily decided to transfer their entire property to a Nazi is absurd and grotesque. It's a disgrace."

Thomas Schmidt, the mayor of Teltow, rejects all insinuations of prejudice and right-wing extremism, and contends that the town does not have a political agenda in the case. He notes that a forest has grown on the properties that Sonnenthal intends to reclaim, arguing that some of the land now falls within nature conservation areas. But something does not add up here: Is it the fault of the heirs that the trees grew so magnificently in the shadow of the Berlin Wall?

Roundtable negotiations have occasionally been held in Teltow in the past. But correspondence between the city and Sonnenthal's lawyers reveals that Teltow has now unilaterally suspended the talks for "an indefinite period." Still, Sonnenthal says that he expects the town council to assume its "historic responsibility."

More Red Tape

Schmidt responds that the city has laid paving stones engraved with the names of Jewish citizens, known as Stolpersteine. He notes that his own grandmother was Jewish; she died in Auschwitz. The mayor argues that no one can accuse him of anti-Semitic behavior. Schmidt says that the city is prepared to talk, but as mayor he has to respect the laws.

The town and the courts are more likely to agree to a settlement, rather than restitution. But Sonnenthal is not prepared to renounce any additional pieces of his inheritance. He sees it as degrading. "I'm going to continue until the bitter end," he says.

The Potsdam Administrative Court recently handed down additional rulings, but nothing decisive for Sonnenthal and his family. And, as usual, such rulings cannot be appealed, forcing Sonenthal's lawyers to file additional complaints. Meanwhile, Sonnenthal has petitioned the German Federal Constitutional Court. After 10 of the family plots were ultimately returned to him, he was denied permission to build duplexes on the land.

When the land was expropriated from his family, it had been zoned for residential construction. Now the courts are arguing that building permits can possibly be granted based on the construction planning of 1935. Once again, the joke is on Sonnenthal. But he isn't laughing. No government agency in the world would approve the construction of new homes according to building codes from 1935.





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(Toronto/Houston)





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