PLS-Logo |   Dies & Das zur Stadtplanung — Teil 3.3
  (Natur & Erholung 3)

khd
    Stand:  2.1.2015   (29. Ed.)  –  File: PLS/Ex/PLS_Natur_03.html



Diese Seite ist Teil des Bürger-Portals zur Stadt(ver)planung in Lichterfelde-Süd. Giesensdorf – wie Lichterfelde-Süd früher hieß – ist seit jeher das Stiefkind der (Bezirks-) Politiker. Manche von ihnen wissen noch nicht mal, wo „Giesensdorf“ überhaupt liegt — und entscheiden dennoch über gravierende Bauleitplanungen in dieser Gegend. Man schob und schiebt dort gerne etwas hin, was man in den feineren Wohnquartieren des Bezirks nicht so gerne sieht. [Ständig benachteiligt!]

  Lichterfelde-Süd / Giesensdorf
Ständig benachteiligt!
Eine Abrechnung
 
Auf den „Dies & Das“-Seiten sind Anfragen, Fakten, Schriftwechsel sowie aufschlußreiche Begebenheiten dokumentiert. Der Schwerpunkt dieses Teils ist neben Ökologie-Fragen vor allem die Naherholungs- Versorgung durch öffentliche Grünflächen.

Die Texte, Daten und Fakten stammen aus verschiedenen Quellen, die jeweils angegeben sind. Dabei gilt der allgemeine CopyRight-Hinweis. Archivort ist Houston (USA), wo das „fair use“-Prinzip gilt. Sämtliche Links wurden redaktionell hinzugefügt. Hier sind dokumentiert und manches auch in [Ed:...] kommentiert:

I n h a l t :       [1. Teil]   [2. Teil]   [3. Teil]   [4. Teil]  
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Versorgung mit öffentlichen,
wohnungsnahen Grünanlagen

Dokumentation eines fast schon vergessenen Texts des Berliner Regierungshandelns (Ausgabe von 2009).

Auszug aus:
Senator für Stadtentwicklung, Berlin, 2009. Diese Dokumentation ist noch nicht vollständig! [Original]


Problemstellung

Der verdichtete Stadtraum ist gekennzeichnet durch eine hohe bauliche Ausnutzung der Grundstücke und einen geringen Anteil an Freiflächen. Für die Erholung in Grün- und Freiflächen stehen in der Innenstadt und in den verdichteten Stadtrandbereichen nur wenige Freiräume zur Verfügung. Die großen Naherholungsgebiete liegen am Stadtrand bzw. weiter außerhalb der Stadt und sind für viele Erholungssuchende schwer zu erreichen.

Innerhalb der Verdichtungsräume übernehmen die öffentlichen Grünflächen, das sind die allgemein zugänglichen und in der Rechtsträgerschaft der Naturschutz- und Grünflächenämter [frühe: Gartenbauämter] stehenden Flächen, als Orte für Regeneration und körperlich-seelischen Ausgleich eine wichtige Funktion für die Erholung der Bevölkerung. Grünanlagen sollen entsprechend den unterschiedlichen Erholungsbedürfnissen der Bevölkerung verschiedene Anforderungen hinsichtlich der Erreichbarkeit, Größe, Ausstattung und Gestaltung erfüllen.

Beispielsweise wird für die Länge des Fußweges, die zum Erreichen einer Grünanlage akzeptiert wird, von einer Schwelle von 15 Minuten Erreichbarkeitsdauer ausgegangen. Die gute Erreichbarkeit einer Grünanlage ist für weniger mobile Bevölkerungsgruppen, z. B. ältere Menschen oder Kinder, ein wichtiges Kriterium für den Freiraumaufenthalt. Somit kommt der Grünanlage in Wohnungsnähe eine besondere Bedeutung zu.

Die Ansprüche der Erholungssuchenden an die Größe der Grünanlage und die Vielfältigkeit der Ausstattung und Gestaltung nehmen mit der Aufenthaltsdauer zu. So werden an Wochenenden verstärkt größere Parkanlagen mit einem vielfältigen Nutzungsangebot aufgesucht. Gruppen mit Kindern bevorzugen beispielsweise eher nicht reglementierte Parkbereiche, wie offene Rasenflächen, ältere Menschen geben eher geordneten, aufwändig gestalteten Bereichen den Vorzug (vgl. Gröning 1985).

Eine Bürgerumfrage zu Qualität und Nutzung öffentlicher Grünanlagen in Berlin im Jahr 2000 hat gezeigt, dass die Bedürfnisse an die Grünflächen, ebenso wie das Nutzerverhalten, unverändert bestehen – im Vergleich zu den planerischen Schlussfolgerungen der 80er Jahre (konsalt GmbH / Ökologie & Planung 2000).

Das weiterhin bestehende Interesse am wohnungsnahen Grün bestätigt auch die Vor-Ort-Untersuchung 2001, die resümiert, dass 80 % der Einwohner Berlins öfter oder zumindest gelegentlich in öffentliche Grünanlagen gehen, sowie 600.000 Kinder und Jugendliche die Spielplätze und Freiflächen betreten (konsalt GmbH / Ökologie & Planung 2001). Bei der Betrachtung der vorhandenen Situation werden wohnungsnahe und siedlungsnahe Grünanlagen unterschieden, wobei die Zuordnung zum jeweiligen Freiraumtyp anhand der Flächengröße erfolgt.

Der Freiraumtyp wohnungsnah ist dem unmittelbaren Wohnumfeld zugeordnet, der Einzugsbereich auf 500 m beschränkt. Er kann in kurzer Zeit (Gehweg ca. 5–10 Min.) und mit geringem Aufwand erreicht werden und dient überwiegend der Kurzzeit- und Feierabend-Erholung. Aufgrund der Nähe zur Wohnung hat dieser Freiraumtyp eine besondere Bedeutung für weniger mobile Bevölkerungsgruppen wie Kinder, ältere Menschen und Behinderte. Von hohem Wert ist die wohnungsnahe Grünanlage auch für Erwerbstätige, die ihre arbeitsfreie Zeit für einen kurzen Aufenthalt im Freien nutzen können. Den Anforderungen der Kurzzeit- und Feierabenderholung genügen in der Regel schon Grünanlagen geringer Flächengröße (ab 0,5 ha).

Der Freiraumtyp siedlungsnah, zu dem alle Grünanlagen über 10 ha gehören, soll auch der halb- und ganztägigen Erholung dienen. Damit sind höhere Anforderungen sowohl an die Größe als auch an die Ausstattungsvielfalt verbunden. Siedlungsnahe Grünflächen mit einer Größe von mehr als 50 ha übernehmen zusätzlich die Funktion eines übergeordneten Freiraums mit bezirksübergreifender Bedeutung für die Erholung der Berliner Bevölkerung (z. B. Großer Tiergarten, Volkspark Wuhlheide [Ed: und künftig hoffentlich auch Lichterfelde-Süd]). Der Einzugsbereich des siedlungsnahen Freiraums ist in Abhängigkeit von der Größe der Anlage auf 1.000 bzw. 1.500 m festgelegt. Grundsätzlich gilt, dass ein siedlungsnaher Freiraum immer auch die Funktion eines wohnungsnahen Freiraums erfüllt (zur Einteilung vgl. Tab. 1).

Für die Analyse der Versorgung der Bevölkerung mit Freiflächen werden in Berlin folgende Richtwerte zugrunde gelegt:
  • wohnungsnaher Freiraum: 6 m2 pro Einwohner (m2/EW),
  • siedlungsnaher Freiraum: 7 m2/EW [Ed: d. h. bei 20.000 EW werden 14 ha fällig!].

Tab. 1: Einteilung der Berliner Frei- und Grünflächen. Bei der Ermittlung der Versorgung mit wohnungsnahen Grünanlagen werden solche Anlagen als nutzbar berücksichtigt, die entsprechende Mindestanforderungen hinsichtlich Flächengröße, Flächenform, Zugänglichkeit sowie Lärm- und Luftbelastung erfüllen (vgl. Methode). Der Versorgungsgrad (m2/EW) in den Wohngebieten wird auf der Grundlage von räumlich definierten Einzugsbereichen berechnet und bemisst sich aus der Größe der Anlage im Verhältnis zur Einwohnerzahl im Einzugsbereich. Wohngebiete außerhalb der ermittelten Einzugsbereiche sind grundsätzlich als mit öffentlichem Grün nicht versorgt zu betrachten.

Als weiteres Kriterium für die Beurteilung der Freiflächenversorgung gilt die Baustruktur der Wohnquartiere (vgl. Methode). Bestehen Defizite in der Versorgung mit öffentlichen Grünanlagen, wird davon ausgegangen, dass private / halböffentliche Freiflächen einen Teil des Bedarfs an öffentlichen Flächen kompensieren. Tatsächlich ist die Versorgung mit Freiflächen in Bereichen der Einzelhausbebauung mit eigenen Gärten besser als in den dicht besiedelten Altbauquartieren. In gründerzeitlichen Gebieten bestehen kaum Möglichkeiten zum Aufenthalt im privaten Freiraum, der sich dort auf den Hinterhof beschränkt. Die Baustruktur gilt somit als Indikator für den zur Verfügung stehenden Anteil an privatem Freiraum bzw. dem Bedarf an öffentlichem Freiraum. Erst die Kombination des berechneten Versorgungsgrades mit der vorhandenen Baustruktur ergibt ein differenziertes Bild der Versorgungssituation.

Unberücksichtigt bei der Versorgungsanalyse bleibt die Ausstattungsqualität einer Grünanlage. Von der Ausstattung hängt im wesentlichen ab, wie viele Nutzer und welche Nutzergruppen die Anlage versorgen kann. In Gebieten mit einer schlechten Grünflächenversorgung verstärkt sich der Nutzungsdruck auf die vorhandenen Anlagen. Damit verbunden sind zum Teil starke Beeinträchtigungen der Qualität des öffentlichen Raums und Einschränkungen in der Nutzbarkeit dieser Grünflächen.



Bestandsanalyse der Biotope und Bäume
in Lichterfelde-Süd

Auszüge aus einem Gutachten des Büros Lützow 7 vom November 2013.

Aus: Lützow-7-Gutachten, 29. November 2013 (Fazit + Zusammenfassung). Alle Links und Bildlegenden wurden hier redaktionell hinzugefügt, sie sind im Original nicht enthalten. [Komplettes Gutchten]  (4,8 MByte PDF)


Editor-Vorbemerkung:
9.6.2014 (khd). Das Berliner Landschaftsarchitektur-Büro „Lützow 7“ wurde (wohl Anfang 2013) von der Groth-Gruppe (Groth u-invest Zehnte GmbH & Co. Lichterfelde-Süd KG) beauftragt, einen „Masterplan Lichterfelde-Süd — Städtebauliches und landschafts- planerisches Gesamtkonzept“ anzufertigen. Das hier in Auszügen (Seite 18–20) dokumentierte Gutachten ist ein (erster) „Naturschutzfachlicher Beitrag“ zu diesem Werk.

Der Dank für die öffentliche Präsentation dieses wichtigen Gutachtens geht an eine/n Anonymus, die/der das anonyme FTP-Upload zu nutzen wußte. Seit dem 1. Juni 2014 wissen wir nun wesentlich mehr.

Zum Beispiel, daß im gesamten Lützow-7-Gutachten weder der gesetzliche Fachbegriff „Landschaftsschutzgebiet“ (LSG) noch „Naturschutzgebiet“ im Zusammenhang mit dem Planungsgebiet vorkommt — keine entsprechende Empfehlung gegeben wird. Das erklärt eigentlich schon alles. Da wird keineswegs eine nachhaltige Bewahrung der so wertvollen Natur geplant — allenfalls nur für einige Jahre, bis alles Wertvolle verschwunden ist und dort doch noch lukrativ gebaut werden kann. Nur unter dem Dach eines gesetzlichen LSG ließe sich das vermeiden. Das sollten auch Landschaftsarchitekten wissen.

Zudem sollen offensichtlich notwendige (CEF-) Ausgleichsmaßnahmen für die durch EU-Recht „besonders streng geschützten“
FFH-Arten im Bereich dieser „Grünen Mitte“ realisiert werden, was aber selbst einen starken (wohl unerlaubten) Eingriff darstellen dürfte und nach gerichtlicher (Vor-)Klärung schreit.


9. FAZIT UND AUSBLICK FÜR DIE SIEDLUNGSENTWICKLUNG AUS NATURSCHUTZFACHLICHER SICHT

Als Ergebnis der aktuellen Bestandsanalyse zu den
terrestrisch kartierten Biotopen einschließlich des Baumbestands und unter Hinzuziehung des derzeitigen Kenntnisstands zu Flora und Fauna bleibt festzuhalten, dass sich die so genannte „Grüne Mitte“ als zusammenhängender naturschutzfachlich wertvoller Bereich herausgebildet hat.

Für die Siedlungserweiterung bietet sich eine Art Umring-Bebauung an, und zwar im Bereich der Gewerbeflächen am Nordrand des Plangebiets und entlang der Bahntrasse im Westen sowie der Osdorfer Straße als östlicher Plangebietsgrenze. Rückwärtige Gärten geplanter Einfamilienhausbebauung können Pufferfunktion zum Kernbereich übernehmen.

Der Kernbereich des Geländes mit seiner extensiven Pferdebeweidung sollte in angemessener, sprich funktionserhaltender Größenordnung bestehen bleiben. Hierzu ist in der nächsten Planungsstufe ein schlüssiges Gesamtkonzept „Freiraum“ zu erarbeiten, das Schutz-, Pflege- und Entwicklungs- aber auch Gestaltungsaspekte miteinander verbindet. Es ist aufzuzeigen, dass die Lösung zur Sicherung der vorgefundenen Qualitäten von Dauer ist und finanziell tragfähig. Das Konzept sollte multifunktional ausgerichtet sein, so dass es für die unterschiedlichen Ausgleichsanforderungen in Anrechnung gebracht werden kann. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass auf die Fläche ein starker Nutzungsdruck aus der Nachbarschaft wirken wird, dem durch geeignete Maßnahmen begegnet werden muss (begleitendes Monitoring: in Abhängigkeit vom Besucherverhalten Gestattung oder Verbot von Nutzungsformen, Beibehaltung der Gebietseinzäunung, Begehung nur auf ausgewiesenen Wegen, sonstige Besucherlenkung: Naturerfahrungs-/erlebnisraum für die Öffentlichkeit durch Lehrveranstaltungen oder Führungen —> Einbeziehung der Reitergemeinschaft Holderhof, kein Hundefreilauf). Im weiteren Planungsprozess ist ferner folgenden Eckpunkten Beachtung zu schenken: Sicherung der Biotopverbundfunktion, Erhalt der Biodiversität, Ermöglichung eines naturverträgliches Landschaftserleben, z. B. durch einen unterschiedlich breiter Pufferstreifen zwischen Baufläche und Kernbereich —> hier Integration eines Wegesystem (Rundweg) und punktuelle auch intensivere Nutzungsformen für Sport und Freizeit.

Beeinträchtigungen durch Flächenüberplanung sind stets unter Schutzgut- und Funktionsbezug, aber auch unter den verschiedenen gesetzlichen Ausgleichserfordernissen zu betrachten. Insbesondere für Flächen der „Grünen Mitte“ können Mehrfachansprüche zum tragen kommen.


Zur Abwendung von Verbotstatbeständen können vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (so genannte CEF-Maßnahmen) erforderlich werden. Hier gilt zu beachten, dass sich deren ökologische Funktion vollständig vor Baubeginn entfaltet haben muss. Für das Plangebiet sind mit Wechselkröte, Moorfrosch, Knoblauchkröte, Zauneidechse und Großem Feuerfalter nach bisherigem Erkenntnisstand 5 Arten des Anhangs IV gemäß FFH-RL betroffen. Zu den wertgebenden, sprich planungsrelevanten Arten zählen auch alle europäisch geschützten Vogelarten. Für die drei nachgewiesenen Fledermausarten ist das Plangebiet voraussichtlich nur Jagdhabitat, Quartiersstandorte sind nicht bekannt. Die Einzelbetrachtung der wertgebenden Tierarten (FUGMANN JANOTTA LANDSCHAFTSARCHITEKTUR UND LANDSCHAFTSENTWICKLUNG 2012) weist im Wesentlichen ebenfalls den Kernbereich das Geländes als Vorkommensschwerpunkt aus, wenngleich einzelne Arten auch darüber hinaus in Randbereichen dokumentiert wurden. Dies bleibt durch die aktuellen Erhebungen in 2014 zu bestätigen oder zu widerlegen.

Im Frühsommer 2014 erfolgt außerdem auf Basis eines aktualisierten Baumaufmasses die Erstellung eines Einzelbaumkatasters für den Bereich der geplanten Baufläche einschließlich eines Pufferstreifens. Die Anwendung der BaumSchVO ist abwägungsrelevanter Bestandteil im durchzuführenden Bebauungsplanverfahren. Für jeden erfassten Einzelbaum kann somit bereits im Vorfeld präzise ermittelt werden wie hoch im Falle einer notwendigen Fällung die Ersatzpflanzforderung bzw. der monetär zu leistende Ausgleich ist. Dieser vorgezogene Verfahrensschritt ermöglicht ein Optimum an Erkenntnisgewinn, der frühzeitig in den weiteren Planungs- und Kalkulationsprozess einfließen kann.

Folgende Säulen werden für den weiteren Planungsprozess als Wesentlich erachtet:

  1. Festigung der Erkenntnislage zu Flora und Fauna als Grundlage für die Prüfung auf Verbotstatbestände gemäß § 44 BNatSchG (Erhebungen zu verschiedenen faunistischen Organismengruppen).

  2. Erstellung eines Einzelbaumkatasters auf Basis eines aktuellen und punktgenauen Baumaufmasses, Bilanzierung nach BaumSchVO.

  3. Wettbewerbsprozess als Schritt auf dem Weg zum städtebaulich-landschaftsplanerischen Entwurf.

  4. (Fach-)Workshops zur Sensibilisierung aller Planungsbeteiligten für die interdisziplinären Zusammenhänge und zur Förderung der Akzeptanz bei den Bürgern vor Ort durch Transparenz, Ziel: Erstellung eines Gesamtkonzepts „Freiraum“ (Schutz, Pflege und Gestaltung).

Lützow 7 : Relevante Naturflächen
^   Konzept 6 des Büros „Lützow 7“ (Grau), überlagert mit „naturschutzfachlich relevanten Flächen“ (Rot), wie es in der Legende der Abb. 2 im Gutachten vom Nov. 2013 heißt. Im Gutachten wird nicht präzise gesagt, was auf den roten Flächen an Natur vorkommt. Es dürfte sich dabei um nach EU-Recht „besonders streng geschützte“ FFH-Arten handeln.
[Zum Vergleich: Groth-Plan vom Aug. 2013] [Hochauflösende Karte der Biotope (6,6 MByte PDF)]   (Repro: 3.6.2014 – khd-research)


10. ZUSAMMENFASSUNG

Das Areal der ehemaligen US-Militärliegenschaft, das sich im Eigentum der Groth Gruppe befindet, soll einer städtebaulichen Entwicklung zugeführt werden. Dabei ist gleichsam der in Teilen besonderen Bedeutung des Geländes für den Arten- und Biotopschutz Rechnung zu tragen.

Das Landschaftsarchitekturbüro Lützow 7 — Cornelia Müller & Jan Wehberg — ist daher von der Groth u-invest Zehnte GmbH & Co. Lichterfelde-Süd KG beauftragt, einen Masterplan Lichterfelde Süd — städtebauliches und landschaftsplanerische Gesamtkonzept — zu erarbeiten.

In diesen Masterplan fließen die Ergebnisse des hiermit vorgelegten naturschutzfachlichen Beitrags ein, der sich zusammensetzt aus einer Bestandsanalyse der im Vegetationszeitraum 2013 erfassten Biotope einschließlich Bäumen. [
Karte der Biotope mit Nummern]

Auf Grundlage der Biotoptypenkartierung werden Baumschutzverdachtsflächen und -objekte herausgearbeitet und in Verknüpfung mit bereits vorliegenden Untersuchungs- und Analyseergebnissen zu Flora und Fauna die Flächen mit sehr hoher bis hervorragender Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz zusammenfasst.

Neben Vorschlägen zu Entwicklungsmaßnahmen erfolgt ein Fazit und Ausblick auf die Siedlungsentwicklung aus naturschutzfachlicher Sicht. Die Fotodokumentation im Anhang rundet das Bild ab.

Das strukturreiche Gebiet wird durch extensive ruderale Pferdeweiden, Ruderalfluren und Gehölzbestände wie Pionier- und Vorwälder, Baumgruppen, Einzelbäume und Gebüsche geprägt. Die vielfältigen Strukturen und die teils lehmigen, basenbeeinflussten Standorte bedingen eine sehr hohe floristische Vielfalt.

Trotz der regelmäßigen Beweidung umfangreicher Flächen nehmen Gehölzstrukturen stark zu wie der Vergleich der Biotoptypenpläne von 2010 und 2013 sowie die vergleichende Statistik (Tab. 1) deutlich machen.

Geschützte Biotope gemäß § 30 Bundesnaturschutzgesetz sind 3 Kleingewässer und 7 kleine Trockenrasenflächen. Zusätzlich gemäß § 28 Berliner Naturschutzgesetz geschützt ist eine extensive Glatthaferweide am Südostrand der Weidelandschaft.

Als Ergebnis der aktuellen Bestandsanalyse zu den terrestrisch kartierten Biotopen einschließlich des Baumbestands und unter Hinzuziehung des derzeitigen Kenntnisstands zu Flora und Fauna bleibt festzuhalten, dass sich die so genannte „Grüne Mitte“ als zusammenhängender naturschutzfachlich wertvoller Bereich herausgebildet hat.

Für die Siedlungserweiterung bietet sich eine Art Umring-Bebauung an, und zwar im Bereich der Gewerbeflächen am Nordrand des Plangebiets und entlang der Bahntrasse im Westen sowie der Osdorfer Straße als östlicher Plangebietsgrenze. Rückwärtige Gärten geplanter Einfamilienhausbebauung können Pufferfunktion zum Kernbereich übernehmen.

Der Kernbereich des Geländes mit seiner extensiven Pferdebeweidung sollte in angemessener, sprich funktionserhaltender Größenordnung bestehen bleiben.

Folgende Säulen werden für den weiteren Planungsprozess als Wesentlich erachtet:

  1. Festigung der Erkenntnislage zu Flora und Fauna als Grundlage für die Prüfung auf Verbotstatbestände gemäß § 44 BNatSchG (Erhebungen zu verschiedenen faunistischen Organismengruppen).

  2. Erstellung eines Einzelbaumkatasters auf Basis eines aktuellen und punktgenauen Baumaufmasses, Bilanzierung nach Baumschutzverordnung.

  3. Wettbewerbsprozess als Schritt auf dem Weg zum städtebaulich-landschaftsplanerischen Entwurf.

  4. (Fach-)Workshops zur Sensibilisierung aller Planungsbeteiligten für die interdisziplinären Zusammenhänge und zur Förderung der Akzeptanz bei den Bürgern vor Ort durch Transparenz, Ziel: Erstellung eines Gesamtkonzepts „Freiraum“ (Schutz, Pflege und Gestaltung).




Bewertung der Natur in Lichterfelde-Süd

Neue Karten vom Mai 2014, compiliert vom Büro Fugmann & Janotta.


8.6.2014 (pls). Zum Workshop der Architekten und Stadtplaner hat das Büro Fugmann/Janotta im Mai 2014 noch einmal (im Auftrag des Bezirksamts Steglitz-Zehlendorf) neue Karten des Naturzustands in Lichterfelde-Süd produziert, die im folgenden dokumentiert werden. Diesen Karten kommt eine besondere Bedeutung zu. Denn aus ihnen wird im weiteren Verfahren die Bebaubarkeit des 100-Hektar-Areals und der sich daraus ergebende Naturverbrauch festgelegt werden.

In den neuen Karten berücksichtigen Fugmann/Janotta die Ergebnisse der umfassenden Biotop-Kartierung von 2013, die im Auftrag des Büros Lützow-7 (Cornelia Müller & Jan Wehberg Garten- und Landschaftsarchitekten, Inhaber des Masterplan-Auftrags für Lichterfelde-Süd der Groth-Gruppe) von der PlanWerk.Umwelt (Anke Christoph in Zusammenarbeit mit Dr. Hanna Köstler) durchgeführt wurde. Bis Ende Mai 2014 hat das Bezirksamt diese neuen Karten noch nicht im Internet veröffentlicht.

Folgende bewertende Natur-Karten sind hier dokumentiert:

Die Biotop-Nummern (GEO_ID) wurden im Rahmen der 2013 erfolgten Biotop-Kartierung vergeben. Im Anhang II des Gutachtens „Biotope und Bäume“ gibt es dazu eine ausführliche Biotop-Tabelle (man beachte die Abkürzungs-Erklärungen im Anhang IV des Gutachtens). Die Liste umfaßt 1.063 Biotope.

Der Wald ist bedroht

8.6.2014 + 2.1.2015 (pls). In Deutschland ist Wald per Gesetz geschützt, ein Roden und Bebauen sei unmöglich. Das meine viele. Aber ganz so einfach ist es nicht, zumal wenn ein mächtiger und finanzkräftiger Bau-Investor einen — nicht gewollten — Wald sein eigen nennt.

Lichterfelde-Süd -- Waldflächen
^   Karte 1 des F/J-Büros (Mai 2014): Waldflächen. Im Planungsgebiet der Groth-Gruppe wurden 25,4 ha Waldflächen unterschiedlicher Prägung festgestellt, was rund 26 % der Groth-Fläche ausmacht. Außerdem gibt es noch rund 12,6 ha Kiefer-Wald in der Südwestecke, womit insgesamt rund 38 ha Wald in Lichterfelde-Süd vorkommen. Nach den Vorstellungen der Groth-Gruppe soll das meiste davon verschwinden. [Original in PDF]   (Repro: 7.6.2014 – khd-research)

Investor Klaus Groth ist fest entschlossen, beim Berliner Forstamt für Lichterfelde-Süd einen Antrag auf Waldumwandlung und Waldausgleich nach § 6
LWaldG zu stellen. Betroffen wären davon vor allem die Waldflächen im Südwesten des Planungsgebiets (z. B. Biotop-Nr. 378 + 381). Im Plan vom August 2013 hat Groth dort bereits alles bebaut.

Bei solchen Eingriffen in Waldflächen muß die Forstbehörde zunächst die Qualität des Waldes bestimmen sowie von amtswegen eine Umweltprüfung vornehmen und dann eine Entscheidung treffen: Ablehnung des Antrags oder eine Rodungs-Genehmigung verbunden mit der Anordnung einer Kompensation durch Ersatzpflanzungen an anderer Stelle oder durch eine Geldzahlung, wären die Möglichkeiten.

In Lichterfelde-Süd mag insofern ein Sonderfall vorliegen, da außer dem Wald auch FFH-Arten betroffen sein könnten, deren Habitat der Wald oder der Waldrand ist. Auch die Forstbehörde muß sich dann an das übergeordnete EU-Recht halten — das Waldrecht allein reicht nicht. Im EU-Recht ist nicht nur die Tierart geschützt, sondern immer auch ihr gesamter Lebensraum (Habitat).

Wir brauchen also dringend verläßliche Informationen über das Vorkommen von FFH-Arten an den Waldrändern im Südwesten des Areals. Es wäre schön, wenn sich darum die Naturschützer kümmern könnten, zumal diese Gegend leicht zugänglich ist. Vielleicht läßt sich dadurch der Wald retten.

2.1.2015 (pls). Aufgrund der Untersuchungen durch die Firma PlanWerkStadt im Jahr 2014 ist nun sicher, daß in weiten Teilen des Waldes die streng geschützte FFH-Art Zauneidechse (Lacerta agilis) vorkommt. Damit gilt auch ihr Habitat (Wald) als streng geschützt. Außerdem hat der Wald einige Bedeutung für Fledermausarten, die ebenfalls zu den nach EU-Recht besonders streng geschützten Arten gehören. Daher ist kaum zu erwarten, daß die Verwaltungsrichter eine Rodung dieser Waldteile durchgehen lassen — wenn denn die Naturschutzverbände bis dahin aufgewacht sind.

Das Aktionsbündnis (BI) hat im Papier „Wie weiter mit Lichterfelde-Süd?“ einige weitere Aspekte des Waldschutzes dargestellt, das am 1.1.2015 veröffentlicht wurde.

Lichterfelde-Süd -- Wertigkeit der Biotope
^   Karte 2 des F/J-Büros (Mai 2014): Wertigkeit der Biotope nach Seltenheit. [Original in PDF]   (Repro: 8.6.2014 – khd-research)

Naturverbrauch

Blickt man auf die Karten 2 und 3, dann ist es ein Rätsel, daß im „
Letter of Intent“ vom April 2013 vorab eine Bebaubarkeit von 39 Hektar (ha) vereinbart werden konnte. Fugmann/Janotta hielten im Dezember 2012 nur 16 ha für unbedenklich bebaubar. Eine sachliche Begründung für die 39 ha lieferten bislang weder das Bezirksamt noch die Groth-Gruppe.

Deshalb vermuten Fachleute, daß man damals gar nicht so genau auf die Natur-Karten schaute, sondern mit 23 ha Zusatzbaufläche einen Naturverbrauch festlegte, den sich die Groth-Gruppe finanziell gerade noch leisten kann. Denn die dafür anfallenden Kosten für die erforderlichen Ausgleichs- und/oder Ersatz-Maßnahmen sind hoch und verteuern die späteren Verkaufspreise der Wohnungen und Häuschen.

Die Groth-Gruppe hat nun den am Workshop teilnehmenden Architekten aufgegeben, den „Naturverbrauch“ ihrer Bebauungs-Entwürfe durch Überlagerung mit diesen 3 Karten zu ermitteln. Die Angaben sollen in Hektar der jeweiligen Wertstufe mitgeteilt werden.

Lichterfelde-Süd -- Wertigkeit der Biotope ag. des Artvorkommens
^   Karte 3 des F/J-Büros (Mai 2014): Wertigkeit der Biotope aufgrund des Vorkommens bestimmter Arten.
[Original in PDF] [Gesamt-Bewertung vom Dez. 2012 in PDF]   (Repro: 8.6.2014 – khd-research)

      Bewertung des Landesbeauftragten
^   Zum Vergleichen: Bewertung von Lichterfelde-Süd durch den Naturschutz- Landesbeauftragten von 2012. Gelbe Fläche: Habitate von zahlreichen FFH-Arten und von sehr vielen Rote-Liste- Arten.   (Repro: 2012 – khd-research)

Ein Ausblick

15.6.2014 (khd). Diese Karte 3 muß noch nicht die ganze Wahrheit über den Zustand der wertvollen Natur des Planungsgebiets in Lichterfelde-Süd wiedergeben. Zwar sollen in diese zusammenfassende Kartendarstellung alle Erkenntnisse aus dem Fugmann/Janotta- Schutzgebiets-Gutachten vom Dezember 2012 eingegangen sein: Seltenheit der Biotope, Dauer der Wiederherstellbarkeit, Vorkommen seltener und gefährdeter Arten, Vorkommen der Brutvogelarten, Vorkommen der Stechimmen (Bienen und Wespen) sowie die Vorkommen der besonders streng nach EU-Recht geschützten FFH-Arten Wechselkröte, Zauneidechse und der Große Feuerfalter. Aber das müssen noch nicht alle FFH- und Rote-Liste-Arten sein, die zu berücksichtigen wären.

Seit Frühjahr 2014 läuft in Lichterfelde-Süd eine neue Bestandsaufnahme von Flora und Fauna, wobei besonders nach FFH-Arten Ausschau gehalten werden soll. Die Ergebnisse werden für den späten Herbst erwartet. Erst danach kann eine aussagekräftige Bewertung der Natur-Situation vorgenommen werden. Durchgesickert ist, daß nunmehr das Vorkommen der FFH-Arten „Moorfrosch“ (Rana arvalis) und wohl sogar auch die „Kreuzkröte“ (Bufo calamita) eindeutig nachgewiesen werden konnten.

Bleibt zu hoffen, daß für jede einzelne FFH-Art eine Vorkommenskarte publiziert werden wird. Denn die Beurteilung der Bebaubarkeit bzw. der Dispens-Erteilung (mit den sich daraus ergebenden und anzuordnenden Ausgleichs-Maßnahmen) muß getrennt für jede angetroffene FFH-Art einzeln erfolgen. Die aggregierte Summen-Karte ist dafür nicht geeignet — allenfalls für einen ersten Überblick.



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(Toronto/Houston)





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