PLS-Logo |   Dokumentationen aus Medien — Teil 41

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    Stand:  30.1.2015   (20. Ed.)  –  File: PLS/Aus_Medien/AM_41.html



Die Presse hat noch nicht die (politische) Dimension des Gesamt-Konflikts um Lichterfelde-Süd erkannt und wohl auch deshalb bislang nur wenig berichtet — immerhin gibt’s doch schon einiges. Auf diesen Seiten werden ausgewählte Artikel und Texte zu den Planungs-Absichten bzw. -Ansinnen für Lichterfelde-Süd dokumentiert.

  Lichterfelde-Süd / Giesensdorf
Ständig benachteiligt!
Eine Abrechnung
 
Dabei gilt der allgemeine CopyRight-Hinweis. Archivort ist Houston (USA), wo das „fair use“-Prinzip gilt. Hier sind dokumentiert und manches auch in [Ed:...] kommentiert:

I n h a l t :       2015       [Artikel-Übersicht 2015]
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B Ü R G E R B E G E H R E N   I N   B E R L I N

Wo bleibt die direkte Demokratie?

Der Senat kündigt mehr Bürgerbeteiligung an – handelt aber ganz anders [Ed: und das wird ihm noch ganz schwer auf die Füße fallen].

Aus:
Der Tagesspiegel, Berlin, 2. Januar 2015, Seite 10 (Berlin). In der Print-Ausgabe lautet der Titel: „Volk, willst du Olympia?“. [Original]

BERLIN (Tsp). Statt bloß alle paar Jahre einmal zur Wahl zu gehen, will sich der aktive Bürger heute projektbezogen einmischen. Der Volksentscheid zum Tempelhofer Feld hat das im abgelaufenen Jahr eindrucksvoll gezeigt: Das Mobilisierungspotenzial ist da. Im neuen Jahr sollen die Berliner über die Frage der Berliner Olympiabewerbung entscheiden. Der Senat plane dazu eine Volksbefragung, bekräftigte der neue Regierende Bürgermeister Michael Müller jüngst. Und das Ergebnis werde man als verbindlich ansehen.

Hat die Landesregierung also aus dem Tempelhof-Debakel gelernt? Mit ihren Plänen für eine Randbebauung des Feldes ist sie jedenfalls am Willen des Volkes gescheitert.

Auch bei weniger prominenten Bauvorhaben wollen die Berliner gerne mitreden, zum Beispiel als Anwohner. Gegen die geplante Bebauung der Buckower Felder hatte sich auch schon Widerstand formiert, doch hier hat der Senat wie berichtet kurzerhand die Planung an sich gezogen. Den Widerstand machte er damit zwecklos.

Sensibles Thema Bürgerbegehren

Für Oliver Wiedmann, Sprecher des Landesverbands von „Mehr Demokratie“ e.V., ist dies ein „Aushebeln des Bürgerbegehrens“. Das passe nicht zu der Ankündigung des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD), nach Tempelhof bei Bauplanungen mehr Bürgerbeteiligung zuzulassen: „Mit der Brechstange will man Wohnungsbaupolitik durchsetzen, ohne in den Dialog mit den Bürgern zu treten“, klagt Wiedmann.

Dabei war es Müller, der sich als Stadtentwicklungssenator nach der Niederlage auf dem Tempelhofer Feld mehrfach dazu bekannt hatte, neue Formen von Bürgerbeteiligung zu finden, um die Akzeptanz von Planungen zu verbessern. Rechtlich gesehen sind Bürgerbegehren zum Bezirkshaushalt oder zur Bauleitplanung nicht verbindlich.

„Mehr Demokratie“ fordert dagegen Rechtsverbindlichkeit und kritisiert das „Eingriffsrecht“ des Senats wie bei den Buckower Feldern. Ein weiteres Bürgerbegehren gegen die Bebauung des Freudenberg-Areals in Friedrichshain-Kreuzberg läuft noch: Die Initiative will eine Reduzierung der geplanten 600 bis 700 Wohnungen auf 300. Bis Ende November wurden 3.500 Unterschriften gesammelt, bis Mitte Februar soll weitergesammelt werden. Weitere Bürgerbegehren gegen Bauvorhaben sind in Planung, etwa die „Mauerpark-Allianz“ und das „Aktionsbündnis Landschaftspark Lichterfelde-Süd“.

Drei Prozent im Bezirk

Berlin war das letzte Bundesland, in dem 2005 Bürgerbegehren und Bürgerentscheide eingeführt wurden. Auf bezirklicher Ebene gab es bisher 36 Bürgerbegehren, von denen 11 in Bürgerentscheide mündeten. Laut Gesetz müssen 3 Prozent der Wahlberechtigten im Bezirk per Unterschrift innerhalb von 6 Monaten das Begehren unterstützen. Ist dieses erfolgreich, muss innerhalb von 4 Monaten ein Bürgerentscheid stattfinden, soweit die Bezirksverordnetenversammlung das Begehren nicht binnen 2 Monaten annimmt. Ein Entscheid ist dann erfolgreich, wenn ihn 10 Prozent der Wahlberechtigten angenommen haben.

Im August 2014 war in Treptow-Köpenick der Bürgerentscheid gegen die vom Bezirksamt geplante Parkraumbewirtschaftung in der Köpenicker Altstadt rund ums Rathaus erfolgreich. Mit über 20-prozentiger Beteiligung wurde das Quorum von 10 Prozent mit knapp 38.000 Stimmen erreicht. Der Entscheid war rechtlich nicht bindend, doch der Bezirk übernahm das Ergebnis.

Der Bürgerentscheid zur „Rettung der Kleingartenkolonie Oeynhausen“ im Mai 2014 war mit 77 Prozent der Jastimmen in Charlottenburg-Wilmersdorf ein starkes Zeichen für die Erhaltung der Schmargendorfer Laubenkolonie Oeynhausen. Doch gerettet ist die seit Jahren bedrohte Kolonie noch nicht. Es geht vor allem um den Schadensersatz, den die privaten Grundstückseigentümer fordern, falls sie 700 geplante Wohnungen nicht bauen dürfen.

Mehr zu diesem Thema:
[07.01.2015:
Was kostete die direkte Demokratie bisher?]  (DER TAGESSPIEGEL)



„Die Schwäche der Stadtplanung liegt im sozialen Wohnungsbau“

Interview mit Soziologie-Prof. Helmut Anheier von der Berliner Hertie School of Governance.

Aus:
RBB, Berlin, 2. Januar 2015, xx.xx Uhr MEZ (rbb-online). [Original]

BERLIN (rbb). Berlin habe genug Platz für 4 bis 5 Millionen Menschen, aber keinen Platz für populistische Hetze gegen Flüchtlinge – so fällt die Bilanz des Soziologen Helmut Anheier aus, der sich für die Hertie Berlin Studie 2014 intensiv mit der Hauptstadt und ihren Bewohnern beschäftigt hat. Eine Herausforderung im kommenden Jahr: Bürgerinitiativen und Politik miteinander ins Gespräch bringen. Die Ergebnisse der Hertie Berlin Studie 2014 sind im Verlag Hoffmann & Campe erschienen.

RBB: Herr Anheier, sicherlich eine der größten Herausforderungen für Berlin ist die Geschwindigkeit, mit der die Stadt wächst – rund 40.000 Menschen ziehen derzeit pro Jahr nach Berlin. Laut Ihrer Studie, der Hertie Berlin Studie, scheint es da kein Problem mit der Willkommenskultur zu geben – die meisten fühlen sich sehr schnell heimisch hier. Hat Sie das überrascht?

Helmut Anheier: Ja das hat uns überrascht, weil die Medien oft anders berichten über das, was sich in Deutschland tut. Wir haben jetzt die Pegida-Bewegung [Islam-Feinde] in Dresden und an anderen Orten, wo schnell der Schluss gezogen wird, dass es in Deutschland keine Offenheit gegenüber Menschen aus anderen Ländern und Kulturen gibt. Scheinbar macht Berlin aber doch vieles richtig.

RBB: Was macht Berlin anders als andere Städte?

Anheier: Berlin hat viel Platz, obwohl das die meisten Berliner nicht so empfinden. Schauen Sie sich London, Paris oder New York an. Das sind wirklich volle Städte, dort sind die U-Bahnen immer überfüllt. In Berlin sind sie vielleicht mal morgens oder abends eine halbe Stunde lang überfüllt. Diese Stadt ist für 4 bis 5 Millionen Menschen ausgelegt und wir haben jetzt etwa dreieinhalb Millionen, die hier leben. Die Infrastruktur bietet genug Basis, um die Stadt wachsen zu lassen.

Außerdem gibt es keine Engpässe bei den Arbeitsplätzen für Einheimische, insbesondere für junge Menschen. Diese Wirtschaftsentwicklung wird wahrscheinlich so weiter gehen. Es stellt sich also kein Konkurrenzverhältnis ein zwischen den Berlinern und den Zugezogenen, das zu negativen Ressentiments führen könnte.

RBB: Ein Problem für all die Menschen, die hierher kommen, ist, in Berlin noch eine bezahlbare Wohnung zu finden. Ist das die größte Herausforderung für Berlin im kommenden Jahr?

Anheier: Es ist eine Herausforderung für Berlin, sollte es aber gar nicht sein. Berlin hat so viel Platz zum Bauen! Da ist kein Engpass, der Engpass liegt in der Finanzierung. Wir haben durch die Auswirkungen der Finanzkrise viel privates Kapital, Menschen, die eine Anlagemöglichkeit suchen. Dieses Geld fließt nicht in den sozialen Wohnungsbau.

Die Schwäche der Stadtplanung liegt im sozialen Wohnungsbau. Es sind ja nicht so hohe Zahlen, um die es geht. 40.000 neue Berliner pro Jahr, selbst wenn die Hälfte davon in den sozialen Wohnungsbau müsste, müsste das doch zu schaffen sein für eine Stadt von dreieinhalb Millionen.

RBB: Was sollte Ihrer Ansicht nach geschehen?

Anheier: Mein Vorschlag ist, den sozialen Wohnungsbau geschickt in der Stadt zu verteilen. Wir sollten auf jeden Fall Konzentration vermeiden. Trotzdem brauchen wir ein Programm, um pro Jahre einige tausend Sozialwohnungen zu bauen.

RBB: Eine Erkenntnis Ihrer Studie war auch, dass sich die Berliner sehr für Politik interessieren und da auch gerne mitreden wollen – das erscheint mir gar nicht so überraschend, bei der Menge der Bürgerinitiativen, die im vergangenen Jahr aktiv geworden sind. Warum trauen die Berliner ihren gewählten Politikern nicht mehr zu, die Dinge in ihrem Interesse zu regeln?

Anheier: Man müsste mal fragen, ob die Politiker sich das selbst noch zutrauen. Die Berliner Parteien haben alle zum Teil beträchtlich an Mitgliedern verloren, mit Ausnahme der Grünen. Dadurch sind sie oft mit der Frage überfordert, wie sie als Sprachrohr für unterschiedliche Interessen dienen können. Zum Beispiel in der Wohnungspolitik: Der Bürger wird wahrscheinlich kaum die Unterschiede kennen, wie die Parteien wohnungspolitisch unterwegs sind. Aber er weiß: Bei mir steigen die Mieten, da soll was gebaut werden, da engagiere ich mich.

Viele sind betroffen, engagieren sich aber nicht. Das geschieht fast ein Outsourcing. Ich weiß, es gibt eine Bürgerinitiative. Denen schreibe ich einen Brief oder einen Scheck, aber ich lasse die erstmal machen. Dieser mündige Bürger bringt nicht alle seine Interessen in die Parteipolitik ein. Das kann gut oder schlecht sein, aber ich sehe es als Potenzial. Die Politik und die Bürgerinitiativen und ihr Führungspersonal müssen lernen, miteinander zu reden.

RBB: Michael Müller hat Erfahrung mit Beteiligung, er ist mit seinem Masterplan für das Tempelhofer Feld allerdings krachend gescheitert. Schätzen Sie, ist der neue Regierende ein Fluch oder ein Segen für künftige Bürgerbeteiligung?

Anheier: Ich denke schon, dass er auf der positiven Seite zu verbuchen ist. Er hat durch Tempelhof gelernt, dass solche Initiativen oft ins Fahrwasser von anderen politischen Themen geraten können. Hätte es den BER oder den Oranienplatz nicht gegeben, wäre es mit dem Tempelhofer Feld anders ausgegangen. Die Politik wird also oft abgestraft, wenn sie bei anderen Themen versagt. Das hat Michael Müller gelernt.

Wir brauchen im Dialog der Bürgerinititiven und der Parteipolitik einen stetigen Draht. Es kann nicht sein, dass man immer nur zusammenkommt, wenn es bereits brennt oder zu spät ist. Man muss das klug vordenken, die Politik, die ja professionalisiert ist im Umgang mit Bürgerinitiativen, aber auch die Bürgerinitiativen selbst.

RBB: Herr Anheier, in der Hertie Berlin Studie schreiben Sie, Berlin hätte "wirtschaftlich und politisch" einiges Potenzial – um im internationalen Vergleich ein "Champion" zu werden. Muss Berlin denn ein Champion werden?

Anheier: Ich glaube die Stadt würde selbst gern ein Champion sein, aber in was? Die Wirtschaftsentwicklung war in Berlin etwas überdurchschnittlich im Bundesvergleich, aber auf relativ niedrigem Niveau. Man kann die Wirtschaftskraft Berlins nicht mit München oder Hamburg vergleichen.

In welche Richtung sich Berlin als Wirtschaftsstadtort entwickeln könnte? Da nützt ein Blick in die Vergangenheit. Berlin war in den zwanziger Jahren Champion und wurde getragen von einer produktiven Verbindung der aufstrebenden Elektroindustrie, der vorhandenen Industrie der Stadt, der Universitäten und Forschungsinstitute. Das hat funktioniert, Berlin war die Industriestadt Europas.

Berlin hat Potenzial in der Verbindung von Wissenschaft, Technologie und Kreativwirtschaft. Berlin hat ein außerordentlich gutes Humankapital. 60 Prozent der Menschen, die nach Berlin kommen, haben Abitur. Das ist außergewöhnlich. Die Stadt müsste wirtschaftspolitisch 10 bis 15 Jahre voraus denken, und nicht zurückdenken. Wir haben keine Armutseinwanderung in Berlin, hier kommen die kreativen, gut ausgebildeten Menschen her.

RBB: Wir haben das Gespräch mit der Identität der Stadt begonnen, und wie schnell man in dieser Stadt heimisch werden kann – das hatte Sie überrascht. Zum Ende deshalb meine Frage: welche Entwicklung würde Sie im kommenden Jahr wirklich überraschen, womit rechnen Sie nicht?

Anheier: Sozial gesehen würde mich überraschen, wenn Pegida in Berlin Fuß fasste. Die Stadt braucht kein Pegida und ist viel zu wertvoll für so eine populistische Politik. Was ich mir aber wünschen würde, wenn ich das anfügen darf, ist Tegel – die Idee, dass wir Tegel in einen Hochtechnologiepark umwandeln. Darin liegt die Zukunft der Stadt.



B E Z I R K S P O L I T I K

Bürgermeister Norbert Kopp im Interview

[Ed: BM Kopp gibt 2016 als Baustart in Lichterfelde-Süd an, was aber nur mit einer extremen Rechtsbeugung erreichbar wäre. Allenfalls 2019 wäre ag. der 2014 angetroffenen Natur-Situation als Baustart vorstellbar. Was läuft da hinter den Kulissen...].

Aus: Berliner Woche (Ausgabe Steglitz-Süd) – Nr. 1/2015, 3. Januar 2015, Seite 2 (Lokales). [Original]

STEGLITZ-ZEHLENDORF (KM+UM). Was ging schief im Jahr 2014? Was war gut, was gibt es Neues? Im Interview mit den Berliner Woche-Reporterinnen Karla Menge und Ulrike Martin blickt Bürgermeister Norbert Kopp (CDU) auf Vergangnes zurück und nennt die Aufgaben, die 2015 für ihn am dringlichsten sind. Aber auch über Anlässe zum Freuen und Feiern.

Berliner Woche: Herr Kopp, Wenn Sie auf die zurückliegenden zwölf Monate zurückschauen, was war für sie als Bürgermeister das Schlimmste?

Norbert Kopp: Das Schlimmste ist der bauliche Zustand unserer Schulen im Bezirk. Nicht nur der zum wiederholten Male vom Bezirkselternausschuss aufgelegte sogenannte Adventskalender belegt dringenden Handlungsbedarf, sondern auch der von einigen Schulleitern geschriebene offene Brief. Insofern ist es nicht akzeptabel, das nicht zum ersten Mal zur Verfügung stehende Mittel zur Sanierung der Schulen nicht verbaut wurden. Hier muss durch ein noch stärkeres Controlling und eine transparente Prioritätensetzung in enger Abstimmung mit den Schulleitern im Jahr 2015 eine deutliche Verbesserung erreicht werden.

Berliner Woche: Die Belebung der Geschäftsstraßen, speziell Schloßstraße und Teltower Damm, ist ein immer wiederkehrendes Thema. Was kann getan werden, um die Einkaufsmeilen attraktiver zu machen?

Norbert Kopp: Seit dem 6. November 2014 gibt es ein neues Gesetz, dass die Grundstückseigentümer in den Geschäftsstraßen stärker in die Pflicht nehmen soll. Mit dem Berliner Gesetz zur Einführung von Immobilien- und Standortgemeinschaften sollen die Eigentümer unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet werden können, sich finanziell an Baumaßnahmen oder Standortmarketing zu beteiligen.

Berliner Woche: Im Südwesten gibt es nur wenige Schwimmbäder. Hat das Bezirksamt die Absicht, in absehbarer Zukunft Abhilfe zu schaffen?

Norbert Kopp: Zunächst einmal ist ja mit der Bildung der Berliner Bäderbetriebe die Zuständigkeit für die Schwimmbäder landesweit zentralisiert worden. In der Tat decken die im Bezirk vorhandenen Wasserflächen nicht die Nachfrage ab. Insofern hoffe ich, dass wir im Bezirk in absehbarer Zukunft das ehemalige Stadtbad Steglitz in der Bergstraße wieder für das Schwimmen reaktivieren können. Private Interessenten sind vorhanden, die sich ein kombiniertes privates und öffentliches Schwimmen an diesem Standort vorstellen können.

Berliner Woche: Zehlendorf hat viel Grün, viel Wasser und viele Bürger mit gutem Einkommen, die oft und gerne Auto fahren. So ist die Sperrung der Kirchstraße vom Tisch. Ist Zehlendorf zu autofreundlich?

Norbert Kopp: Nein, Steglitz-Zehlendorf ist nicht zu autofreundlich. Jede verkehrliche Änderung ist natürlich von den Konsequenzen her zu untersuchen. Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass die Kirchstraße am Teltower Damm gesperrt wird. Wir hätten dort einen schönen Platz mit Aufenthaltsqualität schaffen können. Ein Verkehrsgutachten zu dieser Frage hat allerdings gezeigt, dass eine Sperrung massive Auswirkungen auf andere Straßen im weiten Umfeld gehabt hätte.

Berliner Woche: Der Zustrom von Flüchtlingen nach Berlin trifft auch den Bezirk. Aktuell sind zwei Containerdörfer in Lichterfelde geplant. Welche Aufgaben und Probleme kommen auf den Bezirk zu?

Norbert Kopp: Voraussichtlich bis Ende April 2015 werden wir knapp 1.000 Plätze für Flüchtlinge im Bezirk Steglitz-Zehlendorf haben, an den Standorten Klingsorstraße, Goerzallee, Wupperstraße, Ostpreußendamm und Osteweg. Aufgrund einer Vereinbarung im Rat der Bürgermeister vom April 2013 bezüglich einer gleichmäßigen Verteilung der Flüchtlinge über Berlin werden wir in jedem Fall weitere mindestens 600 Flüchtlinge aufzunehmen haben. Weitere Standorte im Bezirk müssen also noch gefunden werden.

Berliner Woche: Die Groth-Gruppe plant in Lichterfelde Süd 2.500 Wohnungen zu bauen. Anfangs wurde seitens des Bezirksamtes beteuert, nicht mehr als 1.500 Wohnungen zuzulassen. Beugt sich der Bezirk den Forderungen von Senat und Bauherr?

Norbert Kopp: Der Bezirk hat sich im Rahmen einer Absichtserklärung mit der Groth-Gruppe auf eine Zielgröße zwischen 2.200 und 2.700 Wohneinheiten auf einer Fläche von ca. 38 ha mit einer durchschnittlichen Wohnfläche von 78 m2 für Lichterfelde-Süd verständigt. Dies ist für den Bezirk eine Kompromissgröße gewesen, da der Senat eine deutlich höhere Zahl an Wohnung in Lichterfelde Süd realisieren wollte [Ed: 3.000 bis 3.300].

Berliner Woche: Steglitz-Zehlendorf setzt auf Stärkung des Tourismus. Welche konkreten Maßnahmen sind für 2015 geplant?

Norbert Kopp: Zurzeit kümmern wir uns um ein Tourismuskonzept für den Bereich rund um Glienicke. Dazu hat die EBC-Hochschule den Auftrag erhalten, ein Grobkonzept für die Entwicklung eines touristischen Informationszentrums am Schloss Glienicke zu entwickeln. Ich hoffe, dass wir die notwendigen GRW-Mittel einwerben können um bereits in 2015 erste Maßnahmen umsetzen zu können. Darüber hinaus laufen die Instandsetzungsarbeiten im Volkspark Glienicke weiter.

Berliner Woche: Welche Höhepunkte gibt es im neuen Jahr im Bezirk? Steht ein besonderes Jubiläum an, beginnt ein großes Bauvorhaben?

Norbert Kopp: Sowohl für das geplante Technologie- und Gründungszentrum in der Fabeckstraße als auch für das Gebiet in Lichterfelde-Süd müssen die notwendigen Bebauungspläne möglichst weit voran gebracht werden, damit in 2016 mit dem Bauen begonnen werden kann. Folgende Jubiläen stehen im Jahr 2015 an: 40 Jahre Partnerschaft mit der israelischen Gemeinde Sderot, 120 Jahre Schadow-Gymnasium, 90 Jahre Tennisverein Grün-Weiß Nikolassee.

Berliner Woche: Worüber haben Sie sich besonders gefreut?

Norbert Kopp: In 2014 haben wir zum 25. Mal den Fall der Berliner Mauer gewürdigt. Dabei habe ich mich besonders gefreut, dass wir als Bezirk Steglitz-Zehlendorf jeweils eine gemeinsame Veranstaltung mit Teltow und Potsdam organisiert und durchgeführt haben.

Berliner Woche: Was möchten Sie 2015 privat erreichen, anders machen? Gibt es ein Ziel, das Ihnen am Herzen liegt?

Norbert Kopp: Das Wichtigste, was ich mir wünsche, ist gesund zu bleiben, um die Aufgaben als Bezirksbürgermeister im Interesse der Bürgerinnen und Bürger von Steglitz-Zehlendorf zu erledigen.



F O L G E N   D E S   N E O - L I B E R A L I S M U S

Gegen Ausverkauf der Stadt

Jahresrückblick 2014. Heute: Widerstand gegen Mietpreistreiberei und Verdrängung. Wohnkosten um bis zu 60 % gestiegen [Ed: aber wer hat schon 60 % mehr Lohn oder Rente bekommen, um diesen Preiswahnsinn bezahlen zu können?]

Aus:
Junge Welt (jW), Berlin, 7. Januar 2015, Seite 5 (Inland). [Original]

BERLIN (CL). Auch 2014 war kein gutes Jahr für Mieter. Denn Wohnen ist erneut spürbar teurer geworden. Welche Preissprünge verkraftet werden mussten, das weist eine Analyse des Immobilienportals Immonet aus. Es hat die Entwicklung in den 50 größten Städten untersucht. Demnach sind die Mieten zwischen 2009 und 2014 um bis zu 60 % gestiegen. Die Spitze bildet Berlin. Dort sind die Preise von durchschnittlich 5,64 Euro pro Quadratmeter im 1. Quartal 2009 auf 8,80 Euro im 1. Quartal 2014 angehoben worden (56 %). Es folgt Augsburg, wo sich der durchschnittliche Mietzins von 6,04 Euro auf 9,06 Euro erhöhte (50,1 %). Auf den Plätzen 3 bis 5 finden sich Bremen, Kassel und Kiel. In München (25,8 %), Köln (27,5 %) und Hamburg (19,5 %) war der Anstieg zwar weniger stark – dies liegt aber an den ohnehin exorbitanten Miethöhen. In München müssen durchschnittlich 14,50 Euro pro Quadratmeter [kalt] berappt werden und damit mehr als das Doppelte des Bundesdurchschnitts (6,62 Euro).

Insbesondere für Menschen mit mittleren und geringen Einkommen und Hartz-IV-Bezieher lässt sich anhand der Durchschnittswerte indes keine Aussage darüber treffen, wie groß für sie die Chancen auf eine bezahlbare Wohnung sind. Das belegen Erfahrungen aus Berlin. „Vor allen Jobcentern beklagten Ratsuchende, dass die Jobcenter die tatsächlichen Wohnkosten nicht mehr übernähmen, weil ihre Miete die vom Land Berlin festgesetzten Mietobergrenzen überschreiten würde“, heißt es in einer vom Berliner Arbeitslosenzentrum (BALZ), Wohlfahrtsverbänden und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) im September vorgelegten Bilanz einer mehrwöchigen mobilen Beratungsaktion. Die Zahl der Betroffenen, die die Differenz aus ihrem Regelsatz bestreiten müssen, steige an.

Auch 2014 beherrschten Wohnungsknappheit, ungebremster Anstieg der Wohnkosten bei Neuvermietung, Umwandlung von Miet- in Eigentumsquartieren und Neubauboom im teuren Segment die Schlagzeilen in Berlin. Dennoch zeigen die Aktivitäten von Betroffenen Wirkung. Noch immer gibt es ein Protestcamp von Sozialmietern im Bezirk Kreuzberg, haben Mieterinitiativen einen Vier-Punkte-Plan zum Erhalt von bezahlbarem Wohnraum vorgelegt. Zudem thematisiert auch das Bündnis „Nolympia“ die steigenden Mietpreise, die bei Austragung des Sportevents hierzulande noch stärker nach oben schnellen könnten.

Der größte Coup gelang mit dem selbst unter Optimisten für unwahrscheinlich gehaltenen Ausgang des Volksentscheides „100 % Tempelhofer Feld“ zum Erhalt des ehemaligen Flughafenareals als innerstädtischem Freiraum. Damit wurde vor allem das Misstrauen gegenüber den Regierungsparteien hinsichtlich der dort beabsichtigten Randbebauung zum Ausdruck gebracht hat. Mittlerweile ist nahezu jedes Wohnbauprojekt von Protesten begleitet. „Nicht ob, sondern wie und was gebaut wird“, sei ein wesentlicher Grund für den Widerstand, diagnostizierte der Stadtsoziologe Andrej Holm.

Die Verwertungslogik treibt auch in Hamburg ihre Blüten. In der Hansestadt machen Mietwohnungen 75 % der Unterkünfte aus. Ob das Bauprogramm des Senates, mit dem jährlich 6.000 Quartiere durch überwiegend private Investoren geschaffen werden sollen, ausreichend bezahlbare schaffen wird, darf bezweifelt werden. Schließlich werden davon lediglich 1.200 Sozialwohnungen sein. Zugleich fallen jedes Jahr 5.000 Unterkünfte aus alten Sozialbindungen heraus. Druck von der Straße konnte immerhin das seit 25 Jahren besetzte autonome Kulturzentrum „Rote Flora“ vor dem Zugriff von Investoren retten.

Eine Münchener Initiative weist auf die dramatische Situation in der bayrischen Landeshauptstadt hin. Die Verdrängung werde eine „entbürgerte City“ zurücklassen. Aus dieser Einschätzung heraus ist in München das „Bündnis Bezahlbares Wohnen“ entstanden, das von „Entmietung“ Betroffene vernetzen will. Der Zusammenschluss von inzwischen über 27 Mietergemeinschaften und Stadtteilvereinen reicht weit ins bürgerliche Milieu.

Auch im wohlhabenden Baden-Württemberg ist das Thema angekommen. Unter dem Titel „Wohnst du noch?“ veranstaltete die Liga der Freien Wohlfahrtspflege im Oktober landesweit eine Aktionswoche zum Thema Armut und Wohnungsnot – im Bündnis mit der Landesarmutskonferenz und der Landesarbeitsgemeinschaft der Arbeitslosentreffs und Arbeitslosenzentren (LAGALO).

„Die Reichen wohnen, wo sie wollen, die Armen, wo sie müssen“, heißt es auch in Köln. „Wir wollen keine Stadt, in der Schwimmbäder und Bibliotheken schließen, Straßen, Brücken und Radwege verkommen, öffentliche Daseinsvorsorge wie Gas-, Wasser- und Abwasserversorgung privatisiert wird, Mobilität immer teurer wird, Kameras an allen Ecken unsere Bewegungen überwachen, öffentlicher Raum privatisiert wird“, so die Initiative „Recht auf Stadt!“ Sie befasst sich, wie andere auch, nicht nur mit der Wohnungsfrage. Bundesweit entstehen immer mehr Bündnisse unter diesem Schlachtruf.

Mit „Alle für Kalle“ in Köln und ähnlichen Initiativen etwa in Hamburg und Berlin wollten Aktivisten durch Interventionen in zahlreichen Fällen Zwangsräumungen verhindern. „Die Suche nach Möglichkeiten der Selbstorganisation gegen den Ausverkauf der Stadt zeigt, dass das Interesse an Stadtpolitik wächst“, sagt Matthias Coers, Regisseur von „Mietrebellen“, einer Dokumentation, die seit Monaten bundesweit in zahlreichen Kinos läuft. „Bei vielen Veranstaltungen ist es gelungen, über den Einblick in die Berliner Situation zum Teil mit großen Gruppen ins Gespräch zukommen“, berichtete Coers kürzlich im Gespräch mit jW.

Der Diskussionsbedarf wird wohl auch in diesem Jahr nicht abnehmen. Denn mit einer von Experten bereits im Vorfeld als weitestgehend wirkungslos charakterisierten „Mietpreisbremse“, die in der ersten Jahreshälfte in Kraft treten soll und den Folgen des seit 1. Mai 2013 geltenden Mietrechtsänderungsgesetzes stehen genügend Herausforderungen ins Haus. Letzteres hat den Immobilienbesitzern insbesondere mit dem Instrument der energetischen Sanierung Tür und Tor für Mieterverdrängung geöffnet.



L I C H T E R F E L D E - S Ü D

Bezirk soll Gutachten für "Parks Range" beauftragen

[Ed: Bezahlen soll’s aber die Groth-Gruppe. Diesem Gutachten kommt eine große Bedeutung zu, da sich daraus eine Begrenzung der Bebauung (z. B. der Verzicht auf die die Natur besonders zerstörenden Reihenhäuser) ergeben könnte].

Aus:
Berliner Morgenpost, 9. Januar 2015, Seite xx (Aus den Bezirken). [Original]

STEGLITZ-ZEHLENDORF (BM). Das Verkehrsgutachten, das zur Aufstellung eines Bebauungsplans auf dem Gelände von "Parks Range" südlich der Osdorfer Straße erforderlich ist, soll das Bezirksamt selbst beauftragen. Dafür hat sich der Stadtplanungsausschuss ausgesprochen. [CDU-Antrag]

Die Kosten dafür soll der Investor tragen. Es müsse eine unparteiische, objektive Begutachtung sichergestellt werden, begründen die Bezirksverordneten ihr Anliegen. Auf dem ehemals militärischen Gelände plant die Groth-Gruppe den Bau von 2.500 Wohnungen.



W A S   R O T - R O T   V E R G A S S

Senat stoppt Verkauf von Mietwohnungen

Wer sich Sorgen um die Wohnkosten macht, wird diese Nachricht begrüßt haben: Der Senat will die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen verbieten. Doch es gibt Probleme: Das Verbot gilt nicht stadtweit, und es gibt juristische Hürden.

Aus:
Der Tagesspiegel, Berlin, 10. Januar 2015, Seite 16 (Berlin) von RALF SCHÖNBALL. Dokumentiert wird hier die etwas ausführlichere Online-Fassung des Artikels. Der Titel der Print-Fassung lautet unklar: „Mietwohnungen nicht zu verkaufen“. [Original]

BERLIN (Tsp). Die einen werten ihn als Durchbruch im Kampf gegen das schnelle Geld beim Handel mit Mietwohnungen, die anderen nennen den Beschluss der Koalition zugunsten des Umwandlungsverbots wirkungslose Symbolpolitik. Und darum geht es: Der Senat will die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in „Milieuschutzgebieten“ verbieten. Damit soll die Verdrängung von Haushalten mit geringen Einkünften aus attraktiven Quartieren gestoppt werden.

Rund 9.000 Mietwohnungen sind der Bauverwaltung zufolge im vergangenen Jahr in Eigentumsobjekte umgewandelt worden. Damit ist ihre Zahl fast so hoch wie die neu gebauter Wohnungen. Umwandlung ist ein gewinnträchtiges Geschäft, weshalb sich mancher Unternehmer ganz darauf verlegt hat: Miethäuser kaufen, sanieren, aufteilen und die Wohnungen einzeln mit Gewinn verkaufen. Auf diesen Trend reagierte der Senat bereits im vergangenen Jahr mit einer Verordnung, die Mieter einer Wohnung nach deren Umwandlung 10 Jahre lang vor einer Kündigung wegen Eigennutzung schützt.

Das nun von SPD und CDU beschlossene Umwandlungsverbot betrifft Wohnungen in den derzeit rund 20 Milieuschutzgebieten. Fürchtet ein Bezirk um die richtige Mischung von Rentnern, Studenten, Arbeitslosen und Angestellten, kann er die „soziale Erhaltungsverordnung“ erlassen – und dann wirkt künftig auch das Umwandlungsverbot.

So weit die Theorie. In der Praxis warnt Dieter Blümmel von der Eigentümer-Schutzgemeinschaft Haus und Grund: „Das Umwandlungsverbot ist wirkungslos“. Keinem Hausbesitzer könne die Umwandlung verboten werden, wenn dieser so seine Familienangehörigen mit einer Wohnung bedenken will. Auch müssten Umwandlungen zugelassen werden, wenn der Eigentümer sich verpflichtet, die Wohnungen 7 Jahre lang nur an die aktuellen Mieter zu verkaufen. Mittes Baustadtrat Carsten Spallek (CDU) warnt, dass die Hürden hoch sind bei der Ausweisung neuer Gebiete: „Damit diese gerichtsfest sind, braucht es eine umfangreiche Datenbasis“. Mitte hat zwei „Verdachtsgebiete“ ausgemacht. Bis Ende des Jahres wird es aber Spallek zufolge noch dauern, bis auch die Voraussetzungen für einen „rechtssicheren Erlass“ des Milieuschutzes vorliegen.

Nach Auskunft des Berliner Mietervereins sind schon heute große Teile von Prenzlauer Berg und Friedrichshain Schutzgebiete. „Ein Umwandlungsverbot verhindert auch teure Sanierungen, die dem Wohnungsverkauf oft vorausgehen“, sagt Vereinschef Reiner Wild. Deshalb bewirke das Verbot mehr, als es zunächst den Anschein habe. Wild fordert die Bezirke auf, zügig Verordnungen in innerstädtischen Gebieten zu erlassen.

Die CDU war gegen das Verbot

Die CDU-Fraktion hatte sich heftig gegen die Einführung des Verbots gewehrt, und deren stadtentwicklungspolitischer Sprecher Stefan Evers nennt den Beschluss einen „schmerzlichen Kompromiss“. Folge des Hamburger Umwandlungsverbots, so Evers, seien vor allem steigende Mieten im Milieuschutzgebiet gewesen.

Ramona Popp und Antje Kapek, Fraktionschefinnen der Grünen, begrüßten die „längst überfällige, von uns geforderte“ Umwandlungsverordnung. Von einem „Eingriff in die Eigentumsrechte von Immobilienbesitzern“ spricht dagegen Dirk Wolthoff, Berlin-Chef des Immobilienverbandes Deutschland. Lediglich 0,5 Prozent des Wohnungsbestandes werden in Berlin jährlich privatisiert. Das Verbot „schießt deshalb am Ziel vorbei“, eine Entspannung das Wohnungsmarktes sei so nicht zu erreichen. Stattdessen müssten mehr neue Wohnungen gebaut werden. Aber Konzepte dafür „sucht man in den ersten Verlautbarungen (des Senats) auch nach der Klausurtagung vergebens“.



E G O I S M U S   V O R   N A T U R

Wildwuchs am Mauerstreifen

Ein Lichterfelder klagt gegen Pappeln, die seit der Wende hinter seinem Grundstück hochgeschossen sind. Dort befindet sich die Stadtgrenze zu Teltow. Ein ungewöhnlicher Nachbarschaftsstreit.

Aus:
Potsdamer Neueste Nachrichten (PNN), 15. Januar 2015, Seite 12 (Teltow) + Der Tagesspiegel, Berlin, 19. Januar 2015, Seite 9 (Berlin/Brandenburg). Hier lautet der Untertitel: „Seit der Wende wachsen Bäume, wo einst Grenzer patrouillierte. Dagegen klagt nun ein Lichterfelder“. [Original]

TELTOW/BERLIN (schu). Nein, die Pappeln am Grenzstreifen gab es noch nicht. Früher schaute Wolfgang Paul vom Garten seines Reihenhauses in Berlin-Lichterfelde auf den 3 Meter hohen Grenzzaun. Auf dem Ödland dahinter patrouillierten Soldaten. „Die Grenzer haben vor dem Zaun regelmäßig alles niedergemäht und den Streifen freigehalten“, erinnert sich der 79-Jährige. Nach der Wende konnten sich dann Gehölze und Gräser frei entfalten. Erst da begann für Wolfgang Paul der Grenzkonflikt mit den lästigen Pappeln. Als es ihm zu bunt wurde, schritt er zur Tat, jetzt wird das Landgericht zu dem Streitfall an der Landesgrenze [zu Lichterfelde-Süd] entscheiden müssen.

Hinter dem Gartentor seines Grundstücks im Lichterfelder Westfalenring sind in den vergangenen Jahren 6 Zitterpappeln in die Höhe geschnellt. Nicht nur dass sie mittlerweile die Sonnendauer auf der Terrasse des Reihenhäuschens einschränken, die Wurzeln haben sich inzwischen mehrere Meter in den mühevoll angelegten Ziergarten gebohrt. Im Frühjahr treiben sie aus und zerlegen Rasen und Hecke mit Pappel-Sprösslingen. „Die Austriebe verstreuen sich über das ganze Grundstück“, ärgert sich Gattin Jutta Paul.

Nachbar ist die Stadt Teltow

Seit 4 Jahren kämpft das Paar nun um den Garten, um Besserung und nicht zuletzt ums Recht. Ein klassischer Nachbarschaftsstreit und doch wieder nicht. Denn Pauls Nachbar ist nicht irgendeiner, sondern die Stadt Teltow. Die hält an dem Grenzbiotop fest, was für die Pauls die Sache erschwert. Zudem trennt Pauls südwestliche Grundstücksgrenze nicht nur Teltow von Lichterfelde, sondern auch Brandenburg von Berlin.

Als die Pauls vor 5 Jahrzehnten ihr Reihenhäuschen in der von der Baugenossenschaft „Neue Heimat“ errichteten Siedlung bezogen hatten, konnten sie von all dem Unheil noch nichts ahnen. Dann fiel die Mauer und die neuen Pappeln, die die Landesgrenze markieren, wollten nicht aufhören zu wachsen. Zunächst schrieb Bauingenieur Paul an den Teltower Bürgermeister, forderte die Beseitigung des Übels ein. Als nichts geschah, nahm er sich einen Anwalt. Mit einer Verhandlung vor dem Amtsgericht Potsdam im Juni vergangenen Jahres erreichte der Streit seinen vorläufigen Höhepunkt.

Beseitigungspflicht ist nicht anwendbar

Das Amtsgericht gab der Stadt Recht und wies die Klage ab. Weil es sich bei den Nachbarn um unterschiedliche Bundesländer handele, käme das Nachbarrechtsgesetz mit seinen Mindestabständen für Baumpflanzungen nicht zum Tragen, sondern das Bürgerliche Gesetzbuch. Doch aus dem ergebe sich keine Beseitigungspflicht. Ludwigs Rechtsanwalt Jens Robbert hält die Auffassung des Gerichts für rechtsfehlerhaft, da sie gegen Grundsätze des „interlokalen Privatrechts“ und auch gegen Nachbargesetze beider Länder verstoße, schreibt er in der Begründung seiner Berufung, die er vorsorglich einlegte.

Vorausgegangen war ein reger Schriftverkehr, den Wolfgang Paul mit der Stadt und diversen Behörden führte. Er hat alles dokumentiert, fotografiert, errechnete das Maß der Verschattung. Mit einem Dreisatz ermittelte er die Höhe der Bäume. Das sei wichtig, erklärt er. Denn die Bäume würden zwar den per Gesetz geforderten Mindestabstand von 4 Metern wahren, nach Brandenburgischem Nachbarschaftsgesetz müssten jedoch Abstand und Baumhöhe in Relation gebracht werden und der Abstand mindestens ein Drittel der Höhe betragen. Je höher die Bäume wachsen, desto größer muss der Abstand sein. Paul forderte, die nach seinen Messungen rund 20 Meter hohen Pappeln mindestens regelmäßig auf 16,50 Meter zu stutzen, besser ganz zu beseitigen, auch das Wurzelwerk.

Das Ehepaar Paul ist kein Einzelfall

Der Prozess kam ins Rollen, die Stadt Teltow fuhr immer neue Argumente auf. Zunächst war sie nicht Eigentümer der Fläche, dann für die Fällung der Bäume nicht genehmigungsberechtigt. Zuletzt führte sie den für sie rechtsverbindlichen Grünordnungsplan „Ehemaliger Grenzstreifen“ ins Feld. Der umfasse nicht nur die dort 1995 etwa 1000 gepflanzten Zierkirschen – eine Spende japanischer Bürger zur Wiedervereinigung –, sondern auch die „naturnahe Gehölzfläche“, die zu erhalten und zu entwickeln sei. Für Anwalt Robbert alles Versuche, einen möglichen Präzedenzfall abzuwehren.

Der Fall Paul ist kein Einzelfall. Auch die Nachbarin der Familie klagt über den Wildwuchs am Mauerstreifen, kann sich aber aufgrund gesundheitlicher Sorgen nicht engagieren. Andere wollen es nicht, haben kein Vertrauen in Recht und Gesetz, sagt Robbert. 20 Anlieger sind es allein in Pauls Siedlung, die unmittelbar am Grenzstreifen wohnen.

Folgen der Wiedervereinigung

„Es geht hier um einen klassischen Konflikt aus dem Bereich der Folgen der Wiedervereinigung“, meint Rechtsanwalt Robbert. Die öffentlichen Gebietskörperschaften, die die Verantwortung für den ehemaligen Todesstreifen übernommen haben, ließen diesen verwildern, was zu den strittigen Folgeschäden für angrenzende private Grundstückseigentümer führe. „Es zeigt sich die Tendenz, Folgeprobleme der Maueröffnung einfach unter den Teppich zu kehren.“

Mittlerweile gab es ein Mediationsgepräch, Anwalt Robbert bat um ein zweites, denn bislang habe sich die Stadt Teltow nicht bewegt. Robbert hat für seinen Mandanten angeboten, die Bäume zu fällen und sich die Kosten dafür zu teilen. Ob das Gericht einem weiteren Gütetermin zustimmt, ist jedoch ebenso offen wie die Einwilligung der Stadt.

Sie möchte sich aufgrund des laufenden Klageverfahrens nicht äußern, erklärte Pressesprecherin Andrea Neumann. Das Gericht solle sich „unabhängig auseinandersetzen und entscheiden“.



B I   A U F   A B W E G E N ?

Bürger diskutieren mit Investor über Baupläne

Anwohner wehren sich gegen die Baupläne auf dem Parks-Range-Gelände. Jetzt haben sie sich mit dem Investor getroffen.

Aus:
Berliner Morgenpost, 18. Januar 2015, 18.59 Uhr MEZ (nur online publiziert). [Original]

STEGLITZ-ZEHLENDORF (BM). Vertreter des Aktionsbündnisses "Landschaftspark Lichterfelde Süd" haben sich mit der Geschäftsführung der Groth-Gruppe zum Gespräch getroffen. Die Bürgerinitiative fordert, die Zahl der geplanten Wohnungen auf dem Parks Range-Gelände südlich [westlich] der Osdorfer Straße auf 1.600 zu reduzieren [Ed: hm, waren das bislang nicht max. 1.500...]. Der Investor plant 2.500 Wohnungen.

Beide Zielvorstellungen waren Inhalt der Debatte. Bis Mitte Februar will das Aktionsbündnis im Interesse der Anwohner über ein Bürgerbegehren abstimmen.



Investoren bestimmen immer stärker Bebauungspläne

Aus:
RBB, Berlin, 19. Januar 2015, 19.30 Uhr MEZ (Berliner Abendschau). [Original]

BERLIN (rbb). Eigentlich ist das Erstellen von Bebauungsplänen eine hoheitliche Aufgabe der Bezirke – doch immer öfter liefern Investoren die Vorlagen für ihre Bauvorhaben. Die Gründe: Dem Bezirk fehlt Zeit, Geld und Personal, um die Expertisen selber zu erstellen oder zumindest sach- und fachgerecht zu kontrollieren.

Der Investor liefere Planungsentwürfe samt Umwelt-, Verkehrs-, und Lärmgutachten, in den Bezirken geht das dann zu oft so durch. Ein Problem, was nicht nur die Frage aufwirft, wo eigentlich der Bürgerwille bleibt [Ed: zumal auch noch die Investoren die ganzen Bürgereingaben (Anregungen und Bedenken) bearbeiten und bewerten dürfen — das ist krank!].

Zu Gast im Studio war: Prof. Dr.-Ing. Engelbert Lütke-Daldrup, Staatssekretär beim Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz.



P A R T E I E N

AfD positioniert sich in Steglitz-Zehlendorf

Er war einmal persönlicher Referent von Alfred Dregger, aber aus der CDU ist er längst ausgetreten: Hans-Joachim Berg ist seit 2013 Vorsitzender der AfD in Steglitz-Zehlendorf, mit 200 Mitgliedern der stärkste Verband in Berlin. Die Parteien im Bezirksamt hält er für "unfähig".

Hinweis auf:
Der Tagesspiegel, Berlin, 20. Januar 2015, 10.55 Uhr MEZ (nur online im Zehlendorf-Blog publiziert). [Zum Artikel]




B Ü R G E R B E G E H R E N

„Es fehlt das rechte Maß“

Parks Range: Bürgerbegehren geplant / [Ed: Nachdem der 2. Entwurf des Bürger-Antrags heftige Kritik hervorrief wird nun am 3. Entwurf gearbeitet, der naturfreundlicher und verständlicher ausfallen soll].

Aus: Berliner Woche (Ausgabe Steglitz-Süd) – Nr. 4/2015, 21. Januar 2015, Seite 2 (Lokales). Titel und Untertitel wurden der Print-Fassung entnommen. In der Online-Fassung des Artikels lauten diese: "Es fehlt das rechte Maß – Aktionsbündnis plant Bürgerbegehren zur Parks Range". [Original]

LICHTERFELDE (KM). Die Vertreter des Aktionsbündnisses Landschaftspark Lichterfelde- Süd haben kürzlich [Ed: am 14.1.2015] ein Gespräch mit der Geschäftsführung der Groth-Gruppe geführt. Sie plant den Bau von 2.700 Wohnungen.

Das Aktionsbündnis möchte eine maßvolle Bebauung des Geländes. In dem Gespräch hat das Bündnis darauf hingewiesen, dass die Zielvorstellungen der Groth-Gruppe weit über die von den Bezirkspolitikern genannten maximal 1.600 Wohnungen hinausgehen. "Wir wollen keine zweite Thermometersiedlung und die Festlegungen aus dem Letter of Intent können kaum das rechte Maß sein", stellt Helmut Schmidt vom Aktionsbündnis fest.

Zudem würden bis heute weder Gutachten zum Naturschutz [Ed: sowie eine vollständige artenschutzrechtliche Prüfung des 100-Hektar-Areals], noch ein unabhängiges Verkehrsgutachten und auch kein belastbares Klimagutachten vorliegen. Aus diesem Grund und weil der schon lange geforderte Naherholungsbereich für die bestehenden Wohnsiedlungen in der Nachbarschaft in den Planungen offenbar nicht berücksichtigt wurde, wird im Aktionsbündnis weiter an den Höchstzahlen für die bebaubare Fläche und für die der Wohnungen festgehalten. Das machten die Vertreter des Aktionsbündnisses während des Gespräches deutlich.

Das Plenum des Aktionsbündnisses wird bis Mitte Februar über ein Bürgerbegehren abstimmen. Darin sollen unter anderem für die Anwohner akzeptable Zielzahlen, maximal 1.500, für die Planungen festgelegt werden. Weiterhin soll mit dem Bürgerbegehren der Erhalt von Erholungsflächen und der Lichterfelder Weidelandschaft gesichert werden. Ebenso verlangt das Bürgerbegehren unabhängige Verkehrsgutachten sowie die Festsetzung von Lärmschutzmaßnahmen.

Nach der Abstimmung über das Bürgerbegehren folgt die formale Anmeldung beim Bezirksamt. Dann wird es durch Bezirksamt und Senat geprüft. Nach der Genehmigung wird es innerhalb von 6 Monaten durchgeführt. Mit dem Beginn der Unterschriftensammlung für das Begehren rechnet das Aktionsplenum Ende Februar, Anfang März.

Weitere Informationen zum Bürgerbegehren und zum Stand der Planungen für das neue Wohngebiet Lichterfelde-Süd auf http://pruefstein-lichterfelde-sued.de/



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