PLS-Logo |   Dokumentationen aus Medien — Teil 46

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    Stand:  24.5.2015   (41. Ed.)  –  File: PLS/Aus_Medien/AM_46.html



Die Presse hat noch nicht die (politische) Dimension des Gesamt-Konflikts um Lichterfelde-Süd erkannt und wohl auch deshalb bislang nur wenig berichtet — immerhin gibt’s doch schon einiges. Auf diesen Seiten werden ausgewählte Artikel und Texte zu den Planungs-Absichten bzw. -Ansinnen für Lichterfelde-Süd dokumentiert.

  Lichterfelde-Süd / Giesensdorf
Ständig benachteiligt!
Eine Abrechnung
 
Dabei gilt der allgemeine CopyRight-Hinweis. Archivort ist Houston (USA), wo das „fair use“-Prinzip gilt. Hier sind dokumentiert und manches auch in [Ed:...] kommentiert:

I n h a l t :       2015       [Artikel-Übersicht 2015]
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B Ü R G E R B E G E H R E N

Bürger kämpfen in Lichterfelde-Süd gegen 1000 Wohnungen

Der Bezirk genehmigt den Start eines Bürgerbegehrens in Lichterfelde-Süd. Dort will die Groth-Gruppe 2.500 Wohnungen errichten. Anwohner wollen aber 1.000 weniger..

Aus:
Berliner Morgenpost, 8. April 2015, Seite xx (Bezirke). [Original]

STEGLITZ-ZEHLENDORF (BM). Die Interessen von Investor und Anwohnern sind unvereinbar: 2.500 Wohnungen will die Groth-Gruppe auf dem ehemals militärischen Gelände "Parks Range" in Lichterfelde-Süd bauen. Das Aktionsbündnis Landschaftspark Lichterfelde-Süd fordert hingegen, lediglich 1.500 Wohnungen zu errichten. Zahlreiche Workshops und Gespräche, bei denen der Bauherr und das Bürgerbündnis zusammen an einem Tisch saßen, führten zu keiner Annäherung. Jetzt hat das Aktionsbündnis das Bürgerbegehren "Natur- und Landschaftsschutz in Lichterfelde mit Wohnen und Arbeiten vereinbaren" auf den Weg gebracht. Am Dienstag [7.4.2015] hat das Bezirksamt beschlossen, das Bürgerbegehren zuzulassen.

"Es ist legitim, dass die Initiative ihre Vorstellungen vertritt", sagt Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU). Seiner Auffassung nach sollten diese Wünsche nicht restriktiv behandelt werden.

20.000 Unterschriften notwendig

Für den Bezirksbürgermeister ist der Bau von 2.500 Wohnungen bereits eine Kompromisslösung. Kopp erinnert daran, dass anfangs bis zu 5.000 Wohnungen geplant waren. Das sei das Ergebnis eines städtebaulichen Wettbewerbs gewesen. In einer gemeinsamen Erklärung hätten sich die Groth-Gruppe und das Bezirksamt dann auf eine Zahl zwischen 2.200 und 2.700 geeinigt. "Ich hoffe nicht, dass das Bürgerbegehren kontraproduktiv ist und der Senat das Bauprojekt an sich zieht", sagt Kopp. Er wolle die Planungshoheit im Bezirk behalten.

Diese Sorge beschäftigt auch die Aktiven im Bürgerbündnis. "Wir rechnen nicht damit, aber wir befürchten es, dass der Senat das Verfahren an sich zieht", sagt Helmut Schmidt, einer der Gründer des Aktionsbündnisses. Dennoch sei er froh, dass das Bürgerbegehren vom Bezirksamt anerkannt und freigegeben wurde. Schließlich handle es sich um das erste Bürgerbegehren in Steglitz-Zehlendorf. Das Aktionsbündnis findet die Bebauung zu massiv, es fürchtet ein Verkehrschaos und das Aus für die dort ansässigen Unternehmen. Zudem sollen die Lebensräume von gesetzlich geschützten Tier- und Pflanzenarten [Ed: auch außerhalb vom eigentlichen "Parks Range" !!!] dauerhaft gesichert werden.

"Überall müssen in der Stadt Wohnungen gebaut werden"

Zweimal hat der Senat bereits Wohnungsbauprojekte den Bezirken entzogen, um sie selbst voranzutreiben. So ist die Bebauung der Buckower Felder und des Mauerparks jetzt in der Hand von Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD). In beiden Fällen hatten die Anwohner gegen die geplante Bebauung protestiert. Noch ist es zu früh für Mutmaßungen, ob das auch in Lichterfelde Süd passieren könnte. "Das Bürgerbegehren läuft auf Bezirksebene", sagt Martin Pallgen, Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Für die formale Prüfung sei die Senatsinnenverwaltung zuständig. Diese gelte es abzuwarten, vorher könne noch nichts dazu gesagt werden. "Trotzdem halten wir an der Notwendigkeit fest, dass überall in der Stadt Wohnungen gebaut werden müssen", sagt Pallgen.

Die Senatsinnenverwaltung verweist lediglich auf den Gesetzestext zum Bürgerbegehren. Darin heißt es, dass der Senat innerhalb eines Monats von seinen Bezirksaufsichtsrechten Gebrauch machen und die Entscheidung des Bezirks ändern könnte. Der Investor jedenfalls lässt sich angesichts der aktuellen Entwicklung nicht aus der Ruhe bringen. "Wir sehen das entspannt", sagt Thomas Groth, Geschäftsführer der Groth-Gruppe. Ein Bürgerbegehren anzustreben sei ein Bürgerrecht, das in Anspruch genommen werden könne. "Wir warten ab", so Groth.

Senat hat vier Wochen Zeit

Abwarten muss das Aktionsbündnis jetzt auch die Frist von vier Wochen. Stimmt die Senatsinnenverwaltung dem Start des Bürgerbegehrens zu, haben die Aktiven ein halbes Jahr Zeit, um 7.000 gültige Stimmen zu sammeln. Ist das geschafft, kann der Bürgerentscheid starten. Dafür sind 20.000 Unterschriften notwendig. Ein erfolgreicher Bürgerentscheid ist mit einem Beschluss der Bezirksverordneten vergleichbar – er hat empfehlenden Charakter.

Von dem knapp 100 Hektar großen Gelände zwischen Réamurstraße, Landweg, Osdorfer Straße und der Landesgrenze sollen
39 Hektar bebaut werden, der Rest bleibt Landschaftsschutzgebiet. Das sind die Pläne der Groth-Gruppe. Das Aktionsbündnis fordert, dass nur 16 Hektar bebaut werden. Mit dem Bürgerbegehren sollen nicht nur 1.000 Wohnungen weniger auf dem Areal entstehen. Weitere Forderungen sind, dass sich ein Gutachten mit den Folgen für den Verkehr befasst und die Ansiedlung von Gewerbe den Erhalt von Arbeitsplätzen sichert.



M E H R   A L S   V E T T E R N W I R T S C H A F T

Trickserei um die Grüne Mitte

Eine Stellenbesetzung für die Parks Range bringt Stadträtin in Bedrängnis.

Aus:
Berliner Abendblatt (Ausgabe Steglitz) – Nr. 15-ST/2015, 11. April 2015, Seite 5 (Aktuell). [Original]

STEGLITZ-ZEHLENDORF (PA). Früher rollten hier Panzer und US-Soldaten übten den Häuserkampf. Auch wenn inzwischen Pferde über eine idyllische Landschaft mit seltenen Pflanzen galoppieren, liefert der ehemalige Truppenübungs-Platz „Parks Range“ immer wieder Zündstoff in der Auseinandersetzung zwischen dem Investor, der Groth-Gruppe und Aktivisten, die deren Bebauungspläne ablehnen.

Perfekt zugeschnitten

Jetzt sorgt eine Personalentscheidung der Umweltstadträtin Christa Markl-Vieto für neuen Zwist. Die Grünen-Politikerin hat für die Pflege der „Grünen Mitte“, die zwar der Groth-Gruppe gehört, aber nicht bebaut werden soll, eine Halbtagsstelle eingerichtet und mit der Tiermedizinerin Anne Loba besetzt. Diese hatte sich bereits zuvor ehrenamtlich um den Erhalt der 56 Hektar großen Fläche gekümmert, die sie mit den Pferden ihrer Reitgemeinschaft Holderhof beweidet.

Dass dieses Engagement nun mit öffentlichen Mitteln bezahlt wird und die Stelle offenbar trotz gültiger Haushaltssperre und ohne Ausschreibung besetzt wurde, bringt die Stadträtin nun in Bedrängnis. Bedenken kommen zum Beispiel vom Aktionsbündnis Landschaftspark Lichterfelde Süd. Die Aktivisten setzen sich gegen die Bebauungspläne der Groth-Gruppe ein und wurden 2012 gemeinsam mit Loba von der Naturschutz-Organisation BUND ausgezeichnet.

Heute kritisiert Helmut Schmidt vom Aktionsbündnis die Verkehrung von Verantwortlichkeiten, die durch die Stellenbesetzung noch verschärft werde: „Die Kosten für den Erhalt der Weidelandschaft werden mit etwa 200.000 Euro jährlich beziffert und müssten eigentlich von der Groth-Gruppe getragen werden. Stattdessen wird Frau Loba jetzt vom Steuerzahler finanziert.“

Während sich Schmidt und seine Mitstreiter wünschen, dass Stadträtin Markl-Vieto die Groth-Gruppe an ihre Pflichten als Eigentümerin erinnere, sieht die SPD-Fraktion im Bezirksparlament die Sache grundsätzlicher. „Man muss sich die Frage stellen, ob Frau Markl-Vieto noch in der Position als Stadträtin tragbar ist“, sagt Fraktionsvorsitzender Norbert Buchta. Die Besetzung hält er für rechtswidrig. „Die Akten besagen, dass hier von Beginn an getrickst wurde, um speziell eine Stelle zu schaffen, die auf Anne Loba zugeschnitten ist. Das wäre so, als wenn mich das Bezirksamt dafür bezahlt, dass ich meinen eigenen Rasen im Garten mähe und die Rosen beschneide.“

Kein Interessenkonflikt

Christa Markl-Vieto weist sämtliche Vorwürfe zurück. Weder sei die Stellenbesetzung rechtswidrig, noch gebe es eine gesetzliche Verpflichtung für den Eigentümer, bestimmte Biotope zu erhalten. Dies sei vielmehr auch auf privaten Flächen Aufgabe des Bezirks. Dieser habe die Arbeit Anne Lobas schon früh unterstützt und dafür gesorgt, dass die „Grüne Mitte“ auch nach dem Kauf durch die Groth-Gruppe so gepflegt werden konnte.

Das Unternehmen habe die Beweidung unter Vermittlung des Bezirksamts 2013 vertraglich gestattet. „Die Verträge sichern also die Fortführung der Beweidung. Dafür sind sie vorgesehen, aufeinander abgestimmt und bilden deshalb keinen Interessenkonflikt“, so Markl-Vieto [Ed: Verträge veröffentlichen!!!].



B Ü R G E R B E G E H R E N

Streit um 1000 Woohnungen

PARKS RANGE: Bezirk lässt Start eines Bürgerbegehrens zu.

Hinweis auf:
Berliner Morgenpost – WOCHENEND-EXTRA, Ausgabe Steglitz-Zehlendorf (432STE), 11./12. April 2015, Seite 12 (Berlin). Bei dem Artikel handelt es sich um eine gekürzte Fassung aus der "Morgenpost" vom 8. April 2015. [Zum Lang-Artikel]




D O K U M E N T A T I O N

Das ehemalige Militärische Übungsgelände in Lichterfelde Süd – eine wertvolle, aber bedrohte Weidelandschaft

Aus:
BUND Berlin e.V., 14. April 2015, 21.55 Uhr MESZ (Download-Zeitpunkt). Mit 3 Abbildungen, die hier nicht wiedergegeben sind. Beim Artikel ist im Original kein Datum angegeben, auch unter den META-Daten der Webseite ist kein Datum zu finden. Hinzugefügt wurde: Mit einem Klick aufs Symbol   * gelangt man zum entsprechendem Dokument, das auf diesem Server archiviert worden ist. [Original]


Eine für Berlin einmalige Landschaft

Die ca. 100 ha große Fläche am südlichen Stadtrand beinhaltet eine Landschaft mit Weiden, Gebüschen, offenen Flächen und kleinen Wäldern: das ist nicht nur das Ideal des Landschaftsparks, so ist die Wirklichkeit hier in der Weidelandschaft Lichterfelde Süd. Diese Landschaft wird gebildet aus einer Fülle von Pflanzen- und Tierarten, von denen viele als seltene und gefährdete Arten auf den „Roten Listen“ der bedrohten Arten stehen oder durch deutsches und europäisches Recht besonders geschützt sind.

Wir wollen, dass Artenvielfalt und Weidelandschaft erhalten bleiben, auch wenn Teile der Fläche bebaut werden, und auch, dass Sie diese Pracht und Vielfalt in Zukunft besser erleben können. Diese Qualitäten, aber auch seine Empfindlichkeiten sind aus der speziellen Geschichte zu verstehen.

Wie ist diese Landschaft entstanden?

Das Gebiet ist etwas ganz Besonderes: Nach dem Abzug des Militärs von "Parks Range" begann die Natur mit der Rückeroberung: gebietstypische Kräuter und Pioniergehölze breiteten sich aus, und die zwischen Parks Range und Gewerbegebiet siedelnde Reitgemeinschaft Holderhof entwickelte durch vorsichtige Ausritte und tägliches Müllsammeln eine enge Beziehung zu dem ungewöhnlichen Gebiet. So entstand ein gewagtes Pionierprojekt: Mit lenkenden manuellen Pflegemaßnahmen und dem gezielten Einsatz der Holderhof-Pferde formte Anne Loba behutsam die Spontanvegetation zur halboffenen "Lichterfelder Weidelandschaft" mit einem kleinteiligen Mosaik unterschiedlichster Biotope.

Es entstanden Lebensräume für ca. 500 Pflanzenarten, 52 Brutvogelarten, 7 Amphibienarten dazu Zauneidechsen, Fledermäuse und viele Schmetterlinge, Käfer, Heuschrecken und Wildbienen, die noch gar nicht vollständig erfasst wurden — aber von denen, die erfasst sind, sind wiederum viele in Deutschland selten und gefährdet.

Alle diese Arten sind nicht gezielt gepflanzt oder eingebracht worden sondern haben sich von alleine angesiedelt, weil die spezielle Beweidung ihnen Lebensmöglichkeiten eröffnete, die sie in unserer sonstigen ausgeräumten Agrarlandschaft nicht mehr haben. Wegen dieses Engagements und dieses Erfolgs hat Anne Loba, die dieses Gebiet so erfolgreich pflegt, 2012 den Berliner Umweltpreis des BUND bekommen — zusammen mit dem Aktionsbündnis Landschaftspark Lichterfelde Süd.

Wie ist die Zukunft des Geländes?

Das Gelände fiel nach dem Abzug der Amerikaner 1994 zurück an die Bahn. Verschiedene Bebauungsideen scheiterten, aber die jetzige Eigentümerin, die Groth-Gruppe, will hier nun Wohnungen bauen. Ein vom Bezirk Steglitz-Zehlendorf beauftragtes Gutachten weist einen Großteil der Fläche jedoch als so wertvoll aus, dass es als Landschaftsschutzgebiet geschützt werden müsste: Das Gutachten empfiehlt 80 ha Landschaftsschutzgebiet und 27 ha als Baugebiet, davon 11 ha nur bedingt bebaubar.

Gutachten (127 Seiten) unter: http://www.berlin.de/ba-steglitz-zehlendorf/politik-und-verwaltung/aemter/umwelt-und-naturschutzamt/naturschutz/schutzgebiete/gutachten_schutzgebietskonzept_lichterfelde-sued_mit_kart_1.pdf   *

Diese grundsätzliche Bewertung wird unterstützt vom Landesbeauftragten für Naturschutz: Gutachten des Landesbauftragten für Naturschutz   *

Der Bezirk hat sich zwar im Januar 2013 verpflichtet, dieses Gutachten als Grundlage für seine Planungen zu verwenden, vereinbart im April 2013 mit der Grothgruppe aber in einem „Letter of Intent“ eine Baufläche von 39 ha, ohne dass hier naturschutzfachliche oder sonstige Abwägungen erfolgten. Diese Abwägung ist jedoch eigentlich wesentlicher Bestandteil der Bauleitplanung und durch dieses Verfahren der voreiligen Flächenaufteilung wird die spätere formelle Bauleitplanung mit ihren Elementen von Bürgerbeteiligung und sachlicher Abwägung konterkariert.

Vorlage des Bezirks

Absichtserklärung BA-Groth   *

Diesen Mangel an Planungskultur können auch nicht die Bürgerversammlung vom 15.10.2013 und die Werkstatt vom 23.11.13 beheben, die dann in ihrer Durchführung bei den Anwohnern auf viel Kritik stieß. Dabei setzt sich hier seit 2010 das Aktionsbündnis „Landschaftspark Lichterfelde-Süd“ für eine nachhaltige Entwicklung des Südens von Lichterfelde ein, wofür diese Initiative 2012 den Berliner Umweltpreis des BUND bekam.

Die wertvolle Weidelandschaft wird nicht nur durch zu weit greifende Bebauung bedroht. Selbst da, wo nicht gebaut werden soll, kann die Natur durch Bezirk und Senat nicht gesichert werden, denn Berlin ist schon lange nicht mehr in der Lage, seine Hausaufgaben in Sachen Naturschutz zu machen. So kann der Senat mangels Personal keine Schutzgebietsausweisung erarbeiten und der Bezirk kann die Fläche weder erwerben noch sonst langfristig für seine Pflege aufkommen.

Schreiben Staatssekretär Gaebler

Was machen wir als BUND?

Aus diesem Grund haben wir uns in Anbetracht des einmaligen Wertes dieser Landschaft als BUND auch gegenüber dem Bezirk bereit erklärt, hier aktiv zu werden, wobei wir vor allem zwei wichtige Aufgaben sehen:

  1. Die Aufteilung zwischen künftiger Baufläche und Weidelandschaft muss den Erhalt dieser einmaligen Natur sicher stellen: die Fläche muss groß genug bleiben, um die Vielfalt zu si-chern und sie muss deren wesentliche Strukturen erhalten, wie Laichbiotope, offene Sand-flächen, wertvolle Biotope etc. Hierfür werden wir uns weiterhin einsetzen.

  2. Ein Pflege- und Nutzungskonzept muss entwickelt werden, das die Fortführung dieser Beweidung und den Erhalt der Biotop- und Artenvielfalt sichert.


Grundzüge für ein solches Pflege- und Nutzungskonzept lassen sich schon jetzt aufzeigen, auch wenn die meisten Details noch erarbeitet werden müssen. Langfristig soll das Gelände zwar geschützt und gesichert, aber auch für alle Menschen erlebbar werden: Wege sollen durch das Gelände führen, Ausblickpunkte und Ruheplätze geschaffen werden, Hinweistafeln auf Besonderheiten aufmerksam machen.

In der jetzigen schwierigen Übergangsphase bietet die Reitgemeinschaft Führungen an, die im Umweltkalender angekündigt werden: www.umweltkalender-berlin.de

Die Schönheit und Besonderheit dieser Weidelandschaft soll und wird aber erhalten bleiben und erlebbar werden.



B Ü R G E R B E G E H R E N

Erste Hürde genommen

Parks Range: Bezirk genehmigt Bürgerbegehren zum Wohnungsbau / [Ed: Auch in diesem Artikel kommt das Aktionsbündnis wieder arg egoistisch daher ("zu massive Bebauung"). Die BI sollte endlich die altruistischen Argumente für die Minderbebauung benennen: Rettung vieler FFH-Arten in ihren angestammten Habitaten].

Aus:
Berliner Woche (Ausgabe Steglitz-Süd) – Nr. 16/2015, 15. April 2015, Seite 1 (Aufmacher). Titel und Untertitel wurden der Print-Fassung entnommen. In der Online-Fassung des Artikels lauten diese: "Bezirk genehmigt Bürgerbegehren zum Wohnungsbau". [Original]

LICHTERFELDE (KM). Der Bezirk hat den Start des Bürgerbegehrens in Lichterfelde- Süd genehmigt. Jetzt liegt es am Senat, ob das Aktionsbündnis Landschaftspark Lichterfelde-Süd als Initiator des Begehrens mit der Unterschriftensammlung beginnen kann.

Das Aktionsbündnis will erreichen, dass die ehemalige Parks Range in Lichterfelde-Süd mit mindestens 1.000 Wohnungen weniger als geplant bebaut wird [Ed: hm, auf dem eigentlichen "Parks Range" sollen doch nur ganz wenige Häuser gebaut werden...]. Die Groth-Gruppe beabsichtigt, auf einem 39 Hektar großen Teil des fast 100 Hektar großen Geländes 2.500 Wohnungen zu errichten. Mit dem Beschluss des Bezirksamtes, das Bürgerbegehren zuzulassen, ist das Aktionsbündnis seinem Ziel ein Stück näher. Natur- und Landschaftsschutz sollen in Lichterfelde mit Wohnen und Arbeiten vereinbart werden. Das Bürgerbegehren richtet sich gegen eine zu massive Bebauung. Das Bündnis fordert, dass nur 16 Hektar der Fläche bebaut werden. Lebensräume geschützter Tier- und Pflanzenarten würden somit dauerhaft gesichert und das Gebiet für die Naherholung geöffnet. Zudem wird eine Gewerbeinsel für die ansässigen Unternehmen sowie ein unabhängiges Gutachten zur Verkehrssituation gefordert.

Als nächstes muss die Senatsinnenverwaltung ihr Votum abgeben. Die Verwaltung hat 4 Wochen dafür Zeit. Das Aktionsbündnis befürchtet, dass der Senat das Investitionsvorhaben an sich ziehen könnte. In einem Schreiben an das Bündnis verwies Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) bereits auf die steigenden Bevölkerungszahlen in Berlin und die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt. Angesichts dessen müsse der Senat prüfen, ob das Investitionsvorhaben "außergewöhnliche stadtpolitische Bedeutung" hat. Bejaht er dies, dann könnte das Land Berlin das Bebauungsplanverfahren an sich ziehen.

Lässt der Senat das Bürgerbegehren jedoch zu, kann mit der Unterschriftensammlung begonnen werden. In 6 Monaten müssen 7.000 gültige Stimmen zusammen kommen. Dann kann der angestrebte Bürgerentscheid starten. Dafür sind 20.000 Unterschriften nötig. Bei Erfolg hätte der Bürgerentscheid die Wirkung eines Ersuchens der Bezirksverordnetenversammlung. Mehr Infos auf www.pruefstein-lichterfelde-sued.de.



B Ü R G E R B E G E H R E N

Aufbegehren in Lichterfelde gegen
Pläne für Parks Range

2.500 neue Wohnungen sollen in Lichterfelde-Süd entstehen, so will es ein Investor. Dagegen gibt es Widerstand: Der Weg für ein Bürgerbegehren ist jetzt frei. Um erfolgreich zu sein, müssen sie innerhalb von einem halben Jahr insgesamt 7.000 gültige Unterschriften sammeln..

Aus:
Der Tagesspiegel, Berlin, 24. April 2015, Seite 10 (Berlin). Der Titel ist der Print-Fassung des Artikels entnommen. Dokumentiert ist hier der Text der Online-Fassung (mit Zwischentitel), die dort den Titel trägt "Senatsverwaltung stimmt Bürgerbegehren zu". [Original]

LICHTERFELDE-SÜD (Tsp). Der Weg für das Bürgerbegehren gegen ein umstrittenes Neubauprojekt in Lichterfelde-Süd ist frei. Norbert Kopp (CDU), Bezirksbürgermeister von Steglitz-Zehlendorf, bestätigte, dass die Senatsverwaltung für Inneres dem Bürgerbegehren unter dem Motto „Natur- und Landschaftsschutz mit Wohnen und Arbeiten vereinbaren“ zugestimmt habe. Die Initiatoren vom Aktionsbündnis Landschaftspark Lichterfelde-Süd wurden nach eigenen Angaben am Mittwochabend informiert. Um erfolgreich zu sein, müssen sie jetzt innerhalb von einem halben Jahr insgesamt 7.000 gültige Unterschriften sammeln.

Der offizielle Start der Unterschriftensammlung soll an diesem Sonntag [26.4.2015] ab 13 Uhr beim 14. Japanischen Kirschblütenfest in Lichterfelde-Süd sein, teilt das Aktionsbündnis mit. Das Fest findet entlang des Berliner Mauerweges zwischen Ostpreußendamm und Holtheimer Weg statt. Das Aktionsbündnis hat die Standnummer 13.

Mit dem Bürgerbegehren möchten die Initiatoren unter anderem erreichen, dass auf dem etwa 100 Hektar großen Areal (ehemaliges Militärgelände Parks Range) zwischen Réaumurstraße, Osdorfer Straße, der Landesgrenze und der S-Bahntrasse lediglich 1.500 Wohnungen auf einer Fläche von höchstens 160.000 Quadratmetern gebaut werden.

Am 13. Mai Informationsveranstaltung

Der Investor und Eigentümer, die Groth-Gruppe, plant dort 2.500 Wohnungen. Die Bürger fordern außerdem, dass die vorhandenen Arbeits- und Ausbildungsplätze in den Gewerbebetrieben dort auf dem Gelände gesichert werden. Ferner wollen sie durchsetzen, dass das Gebiet für die Naherholung geöffnet und dass die dort entstandenen Lebensräume für geschützte Tier- und Pflanzenarten gesichert werden. Als weiteren Punkt fordern sie ein unabhängiges Verkehrsgutachten, um festzustellen, ob die Straßen in Lichterfelde-Süd das zusätzliche Verkehrsaufkommen aufnehmen könnten.

Am Mittwoch, dem 13. Mai, soll es im ehemaligen BVV-Saal des Rathauses Steglitz eine Informationsveranstaltung dazu geben, Beginn ist um 18 Uhr. Laut Aktionsbündnis werden Experten für Naturschutz, Gesundheit und Mieten dort die Inhalte und Ziele des Bürgerbegehrens vorstellen.

Weiteres zu diesem Thema:
[01.01.2015:
Natur ODER Beton?]  (khd-Blog)
[24.04.2015: Berliner Senat lässt Bürgerbegehren zu]  (BERLINER MORGENPOST)
[14.04.2015: 7.000 Unterschriften werden benötigt]  (RBB)
[29.04.2015: Aktionsbündnis hat mit Unterschriftensammlung begonnen]  (BERLINER WOCHE)
[02.05.2015: Bürgerbegehren gestartet]  (BERLINER ABENDBLATT)




S T E G L I T Z - Z E H L E N D O R F

Bürger gegen Bürokraten

Auch in Zehlendorf werden die Konflikte zwischen Bürgern und Bezirksvertretern häufiger. Dabei hat die Bezirkspolitik zu oft Angst vor Debatten. Eine Analyse.

Aus:
Der Tagesspiegel, Berlin, 9. Mai 2015, Seite 18 + 19 (Berlin) von ARMIN LEHMANN. Titel und Untertitel sind der Print-Fassung des Artikels entnommen. Dokumentiert ist hier der Text der Online-Fassung (mit Zwischentiteln). [Original]

ZEHLENDORF (Tsp). Die bezirkliche Politik mit ihren Bezirksverordneten, einem Bezirksamt mit Stadträten und großen Bürokratieapparaten kommt gerade offensichtlich an Grenzen. In Steglitz-Zehlendorf, und vor allem im Zehlendorfer Rathaus, das den Mittelpunkt dieser Geschichte bildet, ist das besonders gut zu beobachten.

Die Bezirkspolitik, und das gilt letztlich für die gesamte Berliner Politik, hat Angst vor dem Bürger – und seinem, zugegeben, mittlerweile oft großen Furor.

Letztens nach der Bezirksverordnetenversammlung sagte ein hochrangiger Vertreter einer Partei, die den Stadtteil mitregiert, einen erstaunlichen Satz: „Früher hat hier auch keiner so genau hingeschaut.“ In dem Satz steckt alles drin, was man in Zehlendorf beobachten kann: Ohnmacht, Angst, Misstrauen, Überforderung. In den letzten Wochen und Monaten hat Zehlendorf sehr viele Beispiele zu bieten, an denen man diese Überforderung festmachen kann: Das Hundeverbot am Schlachtensee, der permanente Neubau von hochwertigen Wohnungen und Luxusanlagen mit der Verdrängung der alten Mieterstruktur, der Umgang mit dem Sanierungsstau an den Schulen und Sportanlagen, die Auseinandersetzungen um Flüchtlingsunterkünfte, der Streit um Lärm oder Lärmschutz [Ed: und — nicht zu vergessen – eine völlig unverantwortliche — nicht am Allgemeinwohl orientierte — Stadtplanung für Lichterfelde-Süd, die jetzt zum 1. Bürgerbegehren im Bezirk führte].

Das Hundeverbot am Schlachtensee ist das markanteste Signal von Ohnmacht, auch wenn die Grünen-Stadträtin Christa Markl-Vieto denkt, sie habe zu Recht konsequent und kompromisslos gehandelt, weil hier Dialog, Kompromiss, Transparenz sowieso keine Chance hätten. Die Stadträtin wollte ein bewusstes Zeichen setzen: Bis hierher und nicht weiter! Ist es das, was Politik zu leisten hat?

Aus dem, was Christa Markl-Vieto schon erlebt hat, ist ihr Handeln verständlich. Wenn man sich mit ihr unterhält, bekommt man ein gutes Gefühl dafür, was die oft radikale Einforderung partikularer Interessen mit dem Nervenkostüm der Bezirksverantwortlichen anstellen kann. Die Stadträtin ist oft bedroht worden, per Mail und mit subkutanen Botschaften.

Ein kleines, abseitiges Beispiel, kann das veranschaulichen: Die Friedhöfe in Zehlendorf sind groß, deshalb wollte das Bezirksamt einige freie Flächen umwidmen, abgetrennt von einer großen Hecke sollte ein kleiner Tierfriedhof entstehen. Doch sofort, als der Plan bekannt wurde, gründete sich eine Initiative von Betroffenen, die der Stadträtin hart zusetzte, sie als „pietätlos“ beschimpfte und verlangte, Markl-Vieto solle die Umbettung der Angehörigen aus eigener Tasche bezahlen. Es sei unmöglich, dass Menschen neben Tieren begraben liegen!

Tatsächlich ist es so, dass sich gerade in Zehlendorf immer häufiger und immer zahlreicher Bürger engagieren und ihre Interessen artikulieren. Das ist eher neu und zunächst gut, denn das kannte man bisher eher aus innerstädtischen Bezirken. Vor allem aber ist es neu für die Bezirkspolitik, weil sie sich nun permanent einlassen und auseinandersetzen muss. Doch sie sieht es in erster Linie als Bedrohung.

Das beste Beispiel für das Versagen der bezirklichen Kommunikation aus Angst ist der Umgang mit der katastrophalen baulichen Situation der Schulen und Sportplätze. Zigfach haben Elternvertreter sie aufgelistet, Briefe geschrieben, gemahnt, gefordert. Aber eigentlich haben sie vor allem ein offenes Signal erwartet, dass man die Sorgen ernst nimmt und Verständnis aufbringt. Statt dessen hat man sich auf formale Positionen zurückgezogen: Kein Geld, keine Chance zu handeln.

Das Fichtenberg-Gymnasium ist deshalb zum Symbol dafür geworden, wie man eine Schule im Bürokratiewahn jahrelang im Stich lassen kann. Die Auflistung der Mängel an dieser Schule und ernsthaften, womöglich lebensgefährlichen Bauschäden ist sehr lang. Die Verantwortlichen im Bezirksamt, das sind mehrere Stadträte, haben sich immer gegenseitig die Verantwortung zugeschoben. Irgendwann wurde der Schulleiter, ein unerschrockener Mann mit viel Empathie für seine Schüler, vor lauter Gram und Kummer schwer krank. Was sich anhört wie aus Grimms Märchen entspricht der Wahrheit. Der Mann möchte über sein Schicksal nicht mehr reden, aber es hatte, sagt er, vor allem damit zu tun, wie man mit ihm umgegangen sei.

In Zehlendorf hechelt die Bezirkspolitik den Ereignissen zu oft erstaunt hinterher [Ed: kein Wunder bei der Personal-Qualität, die die Parteien hier aufbieten]

Bei den Containerbauten an Schulen, die nun den Brandbestimmungen nicht mehr entsprechen, hieß es erst, man könne notsanieren, ein paar Wochen später hieß es, sorry, geht leider doch nicht. Es ist diese Art der Kommunikation die Eltern, Schüler und Direktoren verzweifeln lässt.

Gerade erst endete auch die von Anwohnern erzwungene Informationsveranstaltung über die Pläne, ein Rugby-Stadion auf dem Gelände der Wilma-Rudolph-Oberschule zu bauen wie das Hornberger Schießen. Die Stadträtin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) war einfach nicht im Stoff und konnte die eigenen Argumente nicht verständlich artikulieren. Niemand hatte sich im Vorfeld Gedanken darüber gemacht, dass ein solcher Plan naturgemäß nicht allen gefallen wird. Die Veranstaltung drohte zu eskalieren. Dabei gibt es sehr gute Argumente für das Stadion: Die Schule, übrigens eine Sportschule, bekommt endlich einen sanierten Sportplatz, der Bezirk könnte es alleine sowieso nicht bezahlen, und die Anwohner würden womöglich beruhigt sein, hätte man ihnen früh die Chance gegeben, ihre Bedenken zu äußern.

Ein Informationsabend nur für geladene Gäste

Und noch ein absurdes Beispiel aus Zehlendorf: Gerade erst in dieser Woche fand endlich die erste Informationsveranstaltung zum Thema Flüchtlingscontainer an der Potsdamer Chaussee statt. Auch hier auf Druck der Anwohner. Bald sollen dort, für maximal 10 Jahre, Flüchtlinge einziehen. Selbst Bürger, die die Not der Flüchtlinge sehen und helfen wollen, machten sich Gedanken darüber, wie sich der Ort verändern würde. Das Bezirksamt aber wollte erst informieren, wenn, wie es der Bürgermeister [Kopp, CDU] sagte, „alles in trockenen Tüchern ist“. Dann wiederum musste es ganz schnell gehen, und weil die Veranstalter auch noch Angst davor hatten, dass die „Falschen“ kommen könnten, also auch Rechte oder Rechtsradikale, sollte der Abend quasi heimlich stattfinden, nur mit den unmittelbar betroffenen Anwohnern.

Auf der Veranstaltung selbst sprach schließlich eine Frau aus, was der Bezirkspolitik womöglich in Vergessenheit geraten ist: „Sie vertreten auch die Interessen derer, die sie gewählt haben. Das sollten sie wenigstens berücksichtigen.“


Offener Dialog und Mut, politische Entscheidungen zu vertreten, sehen anders aus. Politik und Behörden dürfen aber nicht vor der notwendigen demokratischen Auseinandersetzung kapitulieren. Die Bezirksverordneten und auch die Stadträte organisieren Politik für die Bürger. Sie sind geradezu zum Ausgleich, zum Dialog, zur Auseinandersetzung verpflichtet. Das ist mit Sicherheit keine leichte Aufgabe, im Gegenteil, und die Bürger sollten Respekt und Verständnis haben. Letztlich gehört es aber zu dieser Aufgabe, auszuhalten, dass Partikulargruppen ihre Interessen durchsetzen wollen [Ed: fordern Wirtschafts-Lobbyisten (wie z.B. diese Groth-Gruppe), knicken sie doch auch ganz schnell ein und übernehmen deren Ansinnen, ohne über die Nachteile fürs Gemeinwohl ernsthaft nachzudenken]. Der Bürger kann sich eine kompromisslose Haltung im Meinungsstreit leisten. Aber der Politiker darf niemals kompromisslos entscheiden, weil er sonst noch mehr Kompromisslosigkeit und Politikverdrossenheit produziert.

Der Staatsrechtler Oliver Lepsius plädiert an dieser Stelle für eine „Kultur des Kompromisses“. Wörtlich sagt er: „Es ist zutiefst demokratisch, eine Kultur des Kompromisses verständlich zu machen. Bei uns ist ja nicht das Problem, dass wir zu wenige unterschiedliche Meinungen haben, das Problem ist, für Entscheidungen zustimmungsfähige Mehrheiten zu finden. Wenn es hier schwierig wird, sagt die Politik gerne, eine Entscheidung sei ‚alternativlos‘. Damit stiehlt man sich aus der Begründung und Verantwortung.“

Vielleicht ist es letztlich richtig, das Hundeverbot am Schlachtensee und der Krummen Lanke durchzusetzen. Aber der Weg ist der falsche. Aus Angst, Ohnmacht und Ärger über den Bürger und sein Verhalten, gar nicht erst in den Dialog einzutreten, kann nicht richtig sein.




B Ü R G E R B E G E H R E N

Die Angst vor der Trabantenstadt

Das erste Bürgerbegehren in Steglitz-Zehlendorf will ein Neubauprojekt mit 2500 Wohnungen in Lichterfelde-Süd verhindern.

Aus:
Der Tagesspiegel, Berlin, 12. Mai 2015, Seite 16 (Berlin) von ANETTE KIRCHNER. Titel und Untertitel sind der Print-Fassung des Artikels entnommen. Dokumentiert ist hier der ausführlichere Text der Online-Fassung (mit Zwischentiteln), die dort den Titel trägt "Bloß keine Trabantenstadt!". Dieser Artikel produzierte sehr viele Leser-Kommentare. [Original]

STEGLITZ-ZEHLENDORF (Tsp). Name, Geburtstag, Anschrift: Er schreibt schnell, als sei er von etwas getrieben. Eberhard Speckmann trägt sich an diesem frühsommerlichen Nachmittag im Mai in die Unterschriftenliste zum Bürgerbegehren in Lichterfelde-Süd ein. Hinter ihm versperrt ein Tor mit Stacheldraht den Zugang zu einer wildromantischen Landschaft. Privatgrundstück. „Ich bin dafür, dass die Natur hier erhalten bleibt“, sagt Speckmann. Er wohne in der Nähe und sei in Sorge, dass eine weitere Trabantenstadt entstehe. Auch Mathia Specht-Habbel und Marianne Seeliger haben unterschrieben. Bis jetzt sind es etwas mehr als 700 Unterschriften, die die Initiatoren gegen ein geplantes Neubauprojekt auf dem ehemaligen Militärgelände Parks Range in Lichterfelde-Süd gesammelt haben. Um erfolgreich zu sein, müssen sie bis zum 21. Oktober 7000 gültige Unterschriften zusammentragen.

Die Aktion läuft seit etwa zwei Wochen. Es ist das erste Bürgerbegehren in Steglitz-Zehlendorf überhaupt; Neuland demnach auch für das Bezirksamt. „Die Bürger haben das gute Recht, ihren Willen kund zu tun“, sagt der Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU). Deshalb habe er Wert darauf gelegt, dass das Bezirksamt dem Verfahren schnell zustimmte. Ihm liege es fern, hierzu künstliche Hürden aufzubauen. Außerdem stimme er in weiten Teilen mit den Forderungen der Bürger für die Gestaltung des etwa 100 Hektar großen Geländes zwischen Réaumurstraße, Osdorfer Straße und der S-Bahntrasse überein. Vor allem in einem Punkt jedoch nicht: Dass maximal 1500 Wohnungen auf einer Fläche von höchstens 16 Hektar gebaut werden.

„Hier gehen unsere Meinungen auseinander“, sagt Kopp und bezieht sich auf eine Absichtserklärung, die der Bezirk mit der Groth-Gruppe – seit 2012 Grundstückseigentümer – getroffen hat. Darin heißt es unter anderem, dass der Bezirk und die Groth-Gruppe davon ausgehen, dass auf einer Fläche von circa 39 Hektar 2200 bis 2700 Wohnungen realisiert werden können. „An diese Vereinbarung halten wir uns“, betont der Bezirksbürgermeister.

Der übrige, größere Teil des Geländes – etwa 57 Hektar – soll hingegen naturnah bleiben, unbebaut, als sogenannte Grüne Mitte gestaltet werden. Seitdem die Alliierten hier im Jahr 1994 abgezogen sind, hat sich auf der Fläche eine einzigartige Kulturlandschaft mit hochwertigen Biotopen und Lebensräumen schützenswerter Arten entwickelt.

Unter anderem daraus ergibt sich der überwiegende Teil der Forderungen des Bürgerbegehrens. Im Einzelnen: Die Lebensräume geschützter Tier- und Pflanzenarten sollen erhalten und das Gebiet für die Naherholung geöffnet werden. Ferner sollen auf einer Fläche von höchstens 16 Hektar bis zu 1500 Wohnungen errichtet, die bestehenden Betriebe erhalten und neue Betriebe in einer Gewerbeinsel am Landweg angesiedelt werden. Weiter fordern die Bürger ein unabhängiges Verkehrsgutachten, um festzustellen, ob die Straßen in Lichterfelde-Süd den zusätzlichen Verkehr aufnehmen können. Überdies wollen sie erreichen, dass die Wohngebiete nahe der Bahn vor Lärm geschützt werden.

„Aus unserer Sicht hat ein Gutachten vom Dezember 2012 der Landschaftsarchitekten Fugmann/Janotta Bestand, das im Auftrag des Bezirksamtes erstellt wurde“, erläutert Helmut Schmidt vom Aktionsbündnis Landschaftspark Lichterfelde-Süd, in dem die Akteure des Bürgerbegehrens organisiert sind. Das Aktionsbündnis gibt es seit 2010 und wird von etwa 60 Anwohnern aktiv unterstützt.

Laut der angesprochenen Studie seien lediglich 16 Hektar des Areals ohne Probleme bebaubar. Auch führende CDU-Bezirksverordnete hätten seinerzeit von höchstens 1600 Wohnungen gesprochen. „Und Norbert Kopp sagte, dass hier keine zweite Thermometersiedlung entstehen soll“, erinnert Schmidt. Die Thermometersiedlung, die als sozialer Brennpunkt im Bezirk gilt und direkt vis-à-vis der geplanten Bebauungsfläche liegt, habe etwa 2100 Wohnungen. 2500 seien dann deutlich mehr, rechnet Schmidt vor und zweifelt, dass bei diesen Dimensionen eine sozial verträgliche städtebauliche Entwicklung des Stadtteils möglich sei.

„Der schöne Neubau auf der einen und der verwahrloste Altbau auf der anderen Seite.“

„Wir sind für einen Neubau hier, ja, denn wir wissen, dass Wohnungen in Berlin gebraucht werden“, macht er deutlich. Aber in vernünftigem Maße und vor allem, indem man das soziale Umfeld in die Planungen einbeziehe. Nach einem Entwurf der Architekten Casanova und Hernandez, der im September 2014 vorgestellt wurde, seien aber neben Wohnhäusern ein neuer Stadtplatz mit Geschäften, Kitas, Spielplätzen, Sportflächen und einer Schule geplant. Nun befürchten die Anwohner, dass zwei gegensätzliche Kieze entstehen könnten: „Der schöne Neubau auf der einen und der verwahrloste Altbau auf der anderen Seite.“

Was hinzukommt: Zwei Workshopverfahren, organisiert von Groth-Gruppe und Bezirksamt; zum Städtebau und zur Grünen Mitte. „Ich war bei fast allen Workshops dabei und habe vergeblich versucht, die Interessen der Anwohner einzubringen“, erklärt Schmidt. Zwar seien seine Ideen in die Protokolle eingegangen, aber nicht in die Planungen.

Bürger fühlen sich nicht ernst genommen

Eigenartig finde er zudem, dass die Ergebnisse eines aktuellen Gutachtens von Dieter Meermeier zur Fauna des Grundstückes bisher nicht veröffentlicht worden seien. „Die Untersuchungen hätten in den städtebaulichen Entwurf mit einfließen müssen“, findet der Aktionsbündnis-Sprecher. All das und einige weitere Kritikpunkte hätten schließlich dazu geführt, dass sich die Bürger nicht ernst genommen fühlten. Deshalb gehen sie jetzt den Weg des Bürgerbegehrens.

Anette Mischler, Sprecherin der Groth-Gruppe, erklärt indes, dass das Gutachten von Dieter Meermeier sehr wohl Grundlage für die künftige Bebauung sein werde, vor allem für die Abwägung, wo gebaut werden könne und wo nicht. Das seien nach dem Baugesetzbuch festgelegte Verfahren, die bei jedem Baugrundstück durchgeführt würden. „Der heutige städtebauliche Entwurf berücksichtigt die Voruntersuchungen und das jetzige große Gutachten macht dann den Feinschliff“, sagt sie. Ob sich aus den aktuellen Untersuchungen neue Erkenntnisse ableiten ließen, könne sie noch nicht sagen, da diese derzeit von den Fachleuten im Umweltamt eingesehen würden. Bezirksbürgermeister Norbert Kopp bittet um Geduld. Das Gutachten sei ganz „frisch“ und umfangreich; drei Bände mit etwa 1000 Seiten.

Planung sei „guter Kompromiss“

Die
derzeitige Planung der Groth-Gruppe von circa 2500 Wohnungen, der auch alle Fraktionen der BVV zugestimmt hätten, wie Mischler erklärt [Ed: hm, stimmt das wirklich — alle?], sei nach ihrer Ansicht ein guter Kompromiss: „Frühere Planungen sahen von Senatsseite sogar 4000 Wohnungen für das Gebiet vor.“

Wer die Forderungen des Aktionsbündnisses konsequent weiterdenke, sehe, dass eine Bebauung auf 16 Hektar mit einer Gewerbeinsel und 1500 Wohnungen inklusive der gesetzlich vorgeschriebenen Frei- und Spielflächen bedeute, dass dort eine Hochhaussiedlung entstehe. Also genau jene Trabantenstadt, die die Bürger eigentlich verhindern wollen.

Und das Gutachten, auf das sich die Bürger stützten, sei methodisch nicht korrekt und würde keiner juristischen Prüfung standhalten. Es biete lediglich Anhaltspunkte. „Hier wurden alte Kartierungen verwendet und eine eintägige Pi mal Daumen Betrachtung gemacht“, sagt Mischler.

Notwendig sei jedoch eine fundierte wissenschaftliche Dokumentation auf dem gesamten Grundstück während einer Vegetationsperiode, was mit dem aktuellen Gutachten von Dieter Meermeier gemacht worden sei. Die Grundlage für die in der Zwischenzeit vereinbarten 39 Hektar als bebaubare Fläche bilde eine gemeinsame Einschätzung des von der Groth-Gruppe beauftragten Gutachterbüros Lützow 7 und des vom Bezirk beauftragten Büros Fugmann/Janotta.

Am Mittwoch, den 13. Mai, wird das Aktionsbündnis Landschaftspark Lichterfelde-Süd im ehemaligen BVV-Saal des Rathauses Steglitz die Inhalte des Bürgerbegehrens vorstellen. Beginn ist um 18 Uhr.


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    © 2015-2015  – Karl-Heinz Dittberner (khd) – Berlin   —   Last Update: 24.05.2015 6:59 Uhr